Leitsatz
- Eine Vereinbarung, wonach sich der Mieter verpflichtet, einen Mietrückstand bis zu einem bestimmten Termin zu bezahlen, und wonach der Vermieter für diesen Fall auf einen Teil seiner Ansprüche oder Forderungen verzichtet, ist nicht dahingehend auszulegen, dass der Vermieter sein Interesse an der Einhaltung der Zahlungsfrist darlegen muss.
- Im Ausnahmefall kann die Berufung des Vermieters auf eine Überschreitung der Zahlungsfrist treuwidrig sein, etwa wenn den Zahlungspflichtigen an der Fristüberschreitung kein Verschulden trifft oder wenn der Vermieter einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, dass die Fristüberschreitung keine Folgen haben soll.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 242, 535
Kommentar
Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über Räume zum Betrieb eines Restaurants. Der Mietvertrag war bis zum 31.8.2012 befristet. Nachdem der Mieter mit mehreren Monatsmieten in Verzug geraten war, hat der Vermieter das Mietverhältnis mit Schreiben vom 18.1.2006 fristlos gekündigt. Anlässlich der Rückgabe der Mietsache am 23.1.2006 schlossen die Parteien folgende Vereinbarung: "Der Mieter verpflichtet sich, die Mietschulden in Höhe von 9.000 EUR bis zum 31.5.2006 abzuzahlen. Ansonsten behält sich der Vermieter vor, den Mietausfall bis zur Neuvermietung geltend zu machen und Schadensersatz für nicht geleistete Schönheitsreparaturen geltend zu machen."
Auf diese Vereinbarung hat der Mieter folgende Zahlungen geleistet:
3.000 EUR im Januar 2006 |
5.000 EUR im April 2006 |
1.000 EUR am 16.6.2006 |
Die Räume wurden zum 1.7.2006 weitervermietet. Der Vermieter nimmt den ursprünglichen Mieter auf Ersatz des Mietausfallschadens in Anspruch.
Hat der Vermieter – wie hier – wegen einer Vertragsverletzung des Mieters gekündigt, so hat er Anspruch auf Ersatz des durch die Kündigung ursächlich entstandenen Schadens. Der Ersatzanspruch folgt aus §§ 280, 314 Abs. 4 BGB. Zum Schaden zählt auch der Mietausfall. Hier kann der Vermieter grundsätzlich denjenigen Betrag ersetzt verlangen, den der gekündigte Mieter bei Fortbestand des Mietverhältnisses hätte zahlen müssen (BGH, Urteil v. 16.2.2005, XII ZR 162/01, NZM 2005 S. 340).
Vorliegend stellt sich die Frage, ob der Ersatzanspruch aufgrund der vertraglichen Regelung vom 23.1.2006 ausgeschlossen ist. Nach dieser Regelung soll der Vermieter nur dann Anspruch auf den Mietausfall haben, wenn der Mieter die ihm obliegende Verpflichtung zur Zahlung der 9.000 EUR nicht erfüllt. Der Mieter hat den genannten Betrag zwar bezahlt; die letzte Teilzahlung erfolgte allerdings verspätet.
Das Gericht führt hierzu aus, dass der Gläubiger in einem solchen Fall kein besonderes Interesse an der Einhaltung der Zahlungsfrist darlegen muss. Für Verfallklauseln der fraglichen Art gilt zwar das "Übermaßverbot". Danach kann die Berufung des Gläubigers auf eine Überschreitung der Zahlungsfrist im Ausnahmefall treuwidrig sein, etwa wenn den Zahlungspflichtigen an der Fristüberschreitung kein Verschulden trifft oder wenn der Gläubiger den Eindruck erweckt hat, dass er aus der Fristüberschreitung keine Rechte herleiten wolle. In dem vorliegenden Fall war ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben. Deshalb war der Vermieter an der Geltendmachung des Mietausfallschadens nicht gehindert.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil v. 27.10.2010, 3 U 155/09, MietRB 2011 S. 106