Ralph Gübner, Detlef Burhoff
Rdn 1841
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Geldbuße, Allgemeines, Rdn 1829.
Rdn 1842
1.a) Als Grundlage der Bußgeldbemessung stehen gem. § 17 Abs. 3 S. 1 die Bedeutung der OWi (Rdn 1845 f.) und der Vorwurf, der den Täter trifft (Rdn 1847 f.), im Mittelpunkt (zum Bußgeldrahmen → Geldbuße, Allgemeines, Rdn 1831). Den wirtschaftlichen Verhältnissen kommt eine nur nachrangige Bedeutung zu. Gem. § 17 Abs. 3 S. 2 kommen sie lediglich "in Betracht", bei geringwertigen OWi werden sie gem. S. 2 Hs. 2 regelmäßig nicht berücksichtigt (zu den Einzelh. bei § 17 Abs. 3 S. 2. → Geldbuße, wirtschaftliche Verhältnisse, Rdn 1869).
☆ Das Höchstmaß des Bußgeldrahmens ist nur für die denkbar schwersten Fälle vorgesehen, bei denen keine Milderungsgründe vorhanden sind. Fehlt es beispielsweise an einschlägigen Vorahndungen, verbietet sich in der Regel schon deshalb die Ausschöpfung des Bußgeldrahmens (BayObLG, Beschl. v. 11.2.2020 – 201 ObOWi 2771/20, wistra 2020, 303).Höchstmaß des Bußgeldrahmens ist nur für die denkbar schwersten Fälle vorgesehen, bei denen keine Milderungsgründe vorhanden sind. Fehlt es beispielsweise an einschlägigen Vorahndungen, verbietet sich in der Regel schon deshalb die Ausschöpfung des Bußgeldrahmens (BayObLG, Beschl. v. 11.2.2020 – 201 ObOWi 2771/20, wistra 2020, 303).
Rdn 1843
b) Gem. § 17 Abs. 4 soll die Geldbuße den Betrag übersteigen, den der Täter aus der OWi gezogen hat (zur Berechnung [Nettoprinzip] vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 7.3.2023 – 3 Orbs 8/23, StraFo 2023, 239 = zfs 2023, 412).
Rdn 1844
c) Zur Konkretisierung des recht vage abgefassten § 17 kann auf die Regelung für die Strafzumessung nach § 46 StGB allenfalls nur sehr eingeschränkt Rückgriff genommen werden. Mitsch weist zutreffend darauf hin, dass bei der Ahndung einer Straftat die Schuld des Täters und damit subjektive Umstände von zentraler Bedeutung sind, während im Bußgeldverfahren die Bedeutung der OWi und damit die objektive Seite im Mittelpunkt steht. Soweit bei Ahndungszumessung gem. § 17 Abs. 3 daneben der Vorwurf, der den Täter trifft, zu berücksichtigen ist, dürfen die strafrechtlichen Zumessungsgesichtspunkte sehr wohl herangezogen werden (KK/Mitsch, § 17 Rn 32).
Rdn 1845
2.a) Unter dem Merkmal Bedeutung der OWi gem. § 17 Abs. 3 S. 1 werden alle objektiven Umstände der Tat und der Tatausführung zusammengefasst (die umfangreiche alphabetische Aufstellung bei KK/Mitsch, § 17 Rn 38–50). Einige dieser objektiven Umstände werden in § 3 BKatV ausdrücklich berücksichtigt und teils mit einer erhöhten Regelbuße belegt (wie z.B. die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder die Sachbeschädigung, → Geldbuße, Regelbuße, Rdn 1859).
Rdn 1846
Die Bedeutung der OWi folgt zunächst aus der Einstufung des Gesetzgebers durch die Bestimmung eines Bußgeldrahmens (OLG Köln NJW 1988, 1606). Im Verkehrsrecht ist insoweit die jeweilige Regelbuße als Zumessungskriterium maßgeblich, wenn aufgrund des Einzelfalls nach oben oder unten abgewichen werden soll. Erschwerend und damit über die erhöhte Regelbuße gem. § 3 Abs. 3 BKatV hinaus darf berücksichtigt werden, wenn andere Verkehrsteilnehmer besonders stark gefährdet oder gar verletzt wurden (KG DAR 2012, 395 = VRS 122, 285). Ist im umgekehrten Fall eine Gefährdung durch den Verstoß ausgeschlossen, kann im Einzelfall die Geldbuße herabgesetzt werden (KK/Mitsch, § 17 Rn 43 m.w.N.). Sowohl generalpräventive (OLG Düsseldorf MDR 1994, 1237) als auch spezialpräventive Erwägungen sind zulässig (KK/Mitsch, § 17 Rn 47). Auch deshalb kann sich ein lang andauerndes Verfahren bußgeldmindernd auswirken.
Rdn 1847
b) Das zweite gesetzlich benannte Zumessungskriterium betrifft den individualisierten Schuldvorwurf. Als Tatvorwurf, der den Täter trifft, sind alle subjektiven Umstände bei Begehung der Tat und auch das Verhalten nach der Tat zu verstehen (KK/Mitsch, § 17 Rn 53, unter den Rn 54–83 mit einer alphabetischen Auflistung der in Betracht kommenden Umstände).
Rdn 1848
Insoweit gilt:
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Der Grad der Fahrlässigkeit ist zu berücksichtigen: leichte Fahrlässigkeit kann milder, Leichtfertigkeit schärfer geahndet werden (KK/Mitsch, § 17 Rn 60). Nach OLG Koblenz rechtfertigt beispielsweise das wiederholte Passieren von VZ mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung vor der Messstelle die Erhöhung der Regelbuße wegen gesteigerter Fahrlässigkeit (NZV 2021, 437) oder |
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eine im Vergleich zu gewöhnlichen Tatumständen gesteigerte und zurechenbare abstrakte Gefahr. Voraussetzung ist eine deutliche Abweichung vom Normalfall. Die Nutzung eines SUV reicht dafür nicht (OLG Frankfurt am Main DAR 2023, 47; anders zuvor AG Frankfurt a.M. DAR 2022, 514 m. Anm. Sprißler [erhöhtes Verletzungsrisiko wegen kastenförmiger Bauweise). |
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Praxisrelevant ist die Erhöhung der Geldbuße wegen vorsätzlicher Begehung, Voreintragungen im FAER oder BZR und bei Gefährdung oder Sachbeschädigung. Hierzu enthalten die BKatV und der BKat spezielle Tatbestände zur Bußgelderhöhung, → Geldbuße, Regelbuße, Rdn 1859. |
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Die Teilnahme an einer verkehrspsychologische... |