Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 15 WEG, § 1004 BGB
Kommentar
1. Die Zweckbestimmung von Sondereigentumseinheiten ist - notfalls auch durch Auslegung - aus der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung und dem Aufteilungsplan zu entnehmen; eine in der Teilungserklärung wiederholt verwendete Bezeichnung als "Gewerberaum" lässt eine Gaststättennutzung zu (BayObLG Z 88, 238). Sollte im Aufteilungsplan das Teileigentum etwa als "Gewerbefläche, z. B. Laden, Büro, Cafee, Apotheke usw." beschrieben sein, würde dies einer Nutzung als Gaststätte nicht entgegenstehen, da der Aufteilungsplan gegenüber der Teilungserklärung keinen Vorrang hat und bei sich widersprechenden Angaben in Teilungserklärung und Plan ein unbefangener Betrachter nicht von der am engsten begrenzten Nutzungsmöglichkeit ausgehen könne (OLG Stuttgart, ZMR 90, 190).
2. Im vorliegenden Fall sei jedoch die Gewerbeausübung nach Vereinbarung an die Zustimmung des Verwalters und ersatzweise an die der Gemeinschaft gebunden, sodass der Verwalter und nach dessen Weigerung auch die Gemeinschaft aus wichtigem Grund die Zustimmung versagen könne. Diese Frage müsse noch durch die Vorinstanzen geklärt werden, sodass der Streit an das Amtsgericht zurückverwiesen werden musste.
Anlässlich neuer tatsächlicher Ermittlungen müsse berücksichtigt werden, dass bei einer Gaststättennutzung des Teileigentums gewisse, mit dem Betrieb verbundene Beeinträchtigungen (wie z. B. Anlieferungen, Lärm, Geruch, Abnutzung gemeinschaftlichen Eigentums) nie ganz auszuschließen seien, nur wirklich erhebliche und nach Abmahnung anhaltende Nachteile es für die Gemeinschaft rechtfertigen könnten, die erforderliche Zustimmung zu dieser Gewerbeausübung zu versagen. Lärmbeeinträchtigungen bei Besorgnis einer Wiederholungsgefahr könnte mit Ansprüchen aus § 1004 BGB begegnet werden, sodass diese für ein Verbot ebensowenig reichen würden wie die Öffnungszeiten des Lokals. Zu prüfen sei auch, ob nicht auch eine andere Form der Anlieferung als über das Treppenhaus möglich sei, bevor man evtl. zu dem Ergebnis käme, dass sich das Gebäude offensichtlich für einen Gaststättenbetrieb nicht eigne.
3. Nach dem Entstehen einer faktischen Eigentümergemeinschaft nach Bauträgerteilung kann i. ü. der Bauträger das Bauwerk nicht mehr einseitig verändern; die faktische Gemeinschaft ist insoweit von der Rechtsprechung noch nicht infrage gestellt (im Gegensatz zum abgelehnten faktischen/werdenden Wohnungseigentümer als Sondernachfolger).
4. Noch offene Kostenentscheidung bei Geschäftswertansatz von DM 4.800,- und für den zurückgewiesenen Teil DM 4.200,-.
Link zur Entscheidung
( OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 14.12.1992, 20 W 182/91)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer