Leitsatz

  1. GbR als Wohnungseigentümerin
  2. Nach dem Ausscheiden eines GbR-Gesellschafters haftet dieser grundsätzlich nicht für nach seinem Ausscheiden fälliges Wohngeld
  3. Bei noch bestehender Grundbucheintragung des Altgesellschafters muss dieser (als Bucheigentümer) seine Eigentumsvermutung vollständig widerlegen und Beweis für sein Ausscheiden aus der GbR erbringen
  4. Auskunftsansprüche der WE-Gemeinschaft
 

Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG; §§ 22, 29 GBO; §§ 738, 891 BGB; § 435 ZPO

 

Kommentar

  1. Zur Widerlegung der Vermutung des § 891 BGB genügt es, wenn der Bucheigentümer (also der noch im Grundbuch eingetragene GbR-Gesellschafter) mit allen im WEG-Verfahren zulässigen Beweismitteln den vollen Beweis seines Ausscheidens aus der GbR erbringt, als deren Gesellschafter er (noch) im Wohnungsgrundbuch eingetragen ist. Er ist hier nicht auf einen Nachweis in der Form des § 29 GBO beschränkt (a.A. wohl OLG Hamm v. 4.1.1989, 15 W 416/88, NJW-RR 1989, 655).
  2. Wohngeldschuldner ist grundsätzlich derjenige, der bei Fälligkeit der wahre Wohnungseigentümer ist; aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 891 BGB ist dies grundsätzlich derjenige, der im Grundbuch als Wohnungseigentümer eingetragen ist. Anderes gilt jedoch, wenn die Eintragung im Grundbuch mit der wahren Rechtslage nicht übereinstimmt (Bucheigentum). Wer lediglich Bucheigentümer ist, haftet grundsätzlich nicht für Wohngeldschulden, soweit nicht eine anders lautende Vereinbarung besteht. Sollte ein Eigentümerbeschluss Verbindlichkeiten für einen Rechtsvorgänger begründen, läge ein unzulässiger Gesamtakt zulasten Dritter vor (BGH, NJW 1988, 1911).

    Im vorliegenden Fall hatte der Antragsgegner nachgewiesen, dass er zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Wohngeldforderung nicht mehr Gesellschafter und damit auch nicht mehr Inhaber des Gesellschaftsvermögens mit den erworbenen Wohnungseigentumsanteilen war.

  3. Im WEG-Verfahren kann davon ausgegangen werden, dass in Ablichtung vorgelegte notarielle Urkunden existieren und Ablichtungen mit Originalen übereinstimmen, wenn von anderen Beteiligten die Vorlage allein von Kopien nicht gerügt wurde.
  4. Wurden Gesellschaftsanteile übertragen, bleibt bei einem Mitgliederwechsel oder bei Ausscheiden eines der Mitglieder das Wohnungseigentum stets dem jeweiligen Gesellschafterkreis zugeordnet (vgl. § 738 Abs. 1 BGB; BGH v. 31.1.1983, II ZR 288/81, NJW 1983, 1110). Mit Übertragung einer Mitgliedschaft geht hiermit der betreffende Gesellschafteranteil am Gesellschaftsvermögen auf den neuen Mitgesellschafter über. Dies geschieht außerhalb des Grundbuchs und kann lediglich eine Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO auslösen. Dies geschieht unabhängig davon, ob nach dem Wechsel oder dem Ausscheiden der Gesellschafter noch die aktuellen Gesellschafter im Wohnungsgrundbuch eingetragen sind.

    In einem solchen Fall sind nach entsprechender Beweisführung des Ausscheidens die restlichen Gesellschafter Wohngeldschuldner. Aus dem bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis besitzt insoweit die Wohnungseigentümergemeinschaft Auskunftsansprüche, welche eine Inanspruchnahme der einzelnen Gesellschafter ermöglichen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.03.2005, 8 W 39/05OLG Stuttgart v. 8.3.2005, 8 W 39/05, ZMR 7/2005, 579

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