Alexander C. Blankenstein
Nicht selten weisen Teilungserklärungen mit Gemeinschaftsordnungen Räume innerhalb einzelner Sondereigentumseinheiten als "gewerbliche Räume" aus und die übrigen als "zu Wohnzwecken dienende Räume" oder als "Ladenwohnung".
Arztpraxis
Wenn die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung die Räume im Erdgeschoss als "gewerbliche Räume" ausweist und die übrigen Räume "zu Wohnzwecken dienende Räume" sein sollen, ist im EG der Betrieb einer Arztpraxis grundsätzlich zulässig. Eine Ausweitung der Arztpraxis auf das 1. OG ist nicht zulässig, auch dann nicht, wenn im 2. OG seit mehr als 10 Jahren zunächst eine Steuerkanzlei mit relativ geringem Publikumsverkehr betrieben wurde, die Wohnung danach an eine Lehrerin vermietet war, anschließend dort eine Unfallhilfsorganisation ihre Geschäftsstelle mit einem regen Publikumsverkehr betrieben hat, später im 2. OG ein Fotostudio eingerichtet war und zuletzt ein Büro mit verhältnismäßig geringem Publikumsverkehr. Allein die Tatsache, dass die Wohnung im 2. OG über einen längeren Zeitraum zweckbestimmungswidrig genutzt wurde, ohne dass ein Eigentümer etwas dagegen unternommen hätte, kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht dazu führen, dass im Hinblick darauf für die Zukunft jede zweckbestimmungswidrige Nutzung durch einen anderen Eigentümer hingenommen werden muss. Selbst wenn man zu dem Ergebnis käme, dass ein Anspruch für die ausschließliche Nutzung der Wohnung im 2. OG als Wohnung verwirkt wäre, gilt dies nicht für die Wohnung im 1. OG, wo in diesem Streitfall die Praxis eingerichtet werden sollte.
Drogenberatung/Drogencafé
Ein Szeneladen war von montags bis freitags von 15 Uhr bis 20 Uhr und freitags zusätzlich von 12 Uhr bis 14 Uhr geöffnet. Drogengefährdete und abhängige Personen bekommen Getränke sowie kleine kalte oder warme Gerichte; sie können sich duschen, erhalten medizinische Versorgung durch einen Arzt, können gebrauchte Spritzbestecke in neue umtauschen und können dort auch rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Der Laden ist auf eine Kapazität von 50 bis 60 Besucher eingerichtet, die während der Öffnungszeiten auch ausgenutzt wird. Die Ladenwohnung hat einen eigenen Eingang, der von dem Eingangsflur des Hauses vollständig getrennt ist. Das betroffene Sondereigentum war im Bestandsverzeichnis der Teilungserklärung als "Ladenwohnung" bezeichnet. Darin liegt eine Zweckbestimmung, die eine gewerbliche Nutzung des Sondereigentums grundsätzlich zulässt. Dazu gehört jede gewerbliche Nutzung, die der Zweckbestimmung "Laden" nicht widerspricht und für die übrigen Wohnungseigentümer keine konkrete Beeinträchtigung verursacht. Die mit dem gewöhnlichen Betrieb eines Ladens regelmäßig verbundenen Beeinträchtigungen dürfen nicht überschritten werden. Das KG Berlin hat den Betrieb als zulässig angesehen, weil konkrete Gefährdungen der übrigen Wohnungseigentümer nicht festgestellt wurden. Außerdem überschreiten die Öffnungszeiten die für einen kleinen Laden üblichen Zeiten nur unwesentlich.