Alexander C. Blankenstein
Beim Erwerb einer Sondereigentumseinheit im Wege des Zuschlags in der Zwangsversteigerung tritt der Ersteher gemäß § 57 ZVG automatisch in die Stellung des ehemaligen Eigentümers und Vermieters. Was insoweit das Schicksal von Mietsicherheiten betrifft, ordnet vorerwähnte Bestimmung die entsprechende Anwendung der für Wohnraummietverhältnisse maßgeblichen Vorschriften an, sodass hier keine Besonderheiten gelten. Lediglich beim Thema Kündigung ist zwischen Wohnraummietverhältnissen und Geschäftsraummietverhältnissen zu unterscheiden.
1.2.1 Kündigung von Wohnraum durch den Ersteher in der Zwangsversteigerung
Zwar gewährt die Bestimmung des § 57a ZVG dem Ersteher einer vermieteten Eigentumswohnung ein Sonderkündigungsrecht, indem der Ersteher in der Zwangsversteigerung berechtigt ist, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Allerdings kann er dieses nur ausüben, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Kündigung nach der Bestimmung des § 573 Abs. 2 BGB hat. Hiernach kann er das Mietverhältnis
- wegen Eigenbedarfs kündigen oder
- wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde (sog. Verwertungskündigung).
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann er das Mietverhältnis gemäß § 573d BGB außerordentlich mit gesetzlicher Frist kündigen. Freilich kann er auch dann kündigen, wenn sich der Mieter Pflichtverletzungen zum Vorwurf machen lassen muss. Allerdings spielt dieser Kündigungsgrund im Rahmen einer Kündigung nach § 57a ZVG in der Praxis so gut wie keine Rolle.
1.2.1.1 Kündigungsfristen beachten
Dieses Sonderkündigungsrecht gewinnt an Bedeutung, wenn es sich bei dem zu kündigenden Mietverhältnis um ein bereits seit mehreren Jahren bestehendes handelt. Bekanntlich regelt die Bestimmung des § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB zugunsten des Mieters gestaffelte Kündigungsfristen nach der Dauer des Bestehens des Mietverhältnisses. So verlängert sich die knapp 3-monatige Grundkündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB für den Vermieter nach 5 und 8 Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils 3 Monate.
Gemäß § 573d Abs. 2 BGB, der vorgenannte Regelung verdrängt, kann das Mietverhältnis unabhängig von der Dauer seines Bestehens am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ende des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden. Letztlich gilt hier also die 3-monatige Grundkündigungsfrist.
10 Jahre bestehendes Mietverhältnis
Zum Zeitpunkt des Zuschlags in der Zwangsversteigerung besteht das Mietverhältnis bereits seit 10 Jahren. Nach der Bestimmung des § 573c Abs. 2 BGB könnte es nur mit einer Kündigungsfrist von knapp 9 Monaten ordentlich gekündigt werden. Nach der Bestimmung des § 573d Abs. 2 BGB kann es hingegen vom Ersteher mit einer Frist von knapp 3 Monaten beendet werden.
Die Kündigung auf Grundlage von § 57a ZVG muss für den ersten Termin erfolgen, zu dem sie zulässig ist.
Zuschlag am 15. August
Ersteigert der Ersteher die Wohnung am 15. August durch Zuschlag an diesem Tag, muss er spätestens am 3. Werktag des Monats September kündigen.
Kündigt der Ersteher nicht am ersten möglichen Termin nach Zuschlag, verliert er aber nicht sein Kündigungsrecht. Es gelten dann jedoch die zugunsten des Mieters in § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB gestaffelten verlängerten Kündigungsfristen.
Zuschlag am 1. August
Erhält der Ersteher am 1. August den Zuschlag, müsste er bis zum 3. August kündigen. Das Mietverhältnis würde dann mit Ablauf des 31. Oktober enden. Angesichts der Kürze dieser Frist und der Tatsache, dass der Ersteher erst Informationen über das Mietverhältnis beschaffen muss, ist hier auch noch eine Kündigung zum 30. November möglich. Allerdings ist der Ersteher gehalten, sich schnellstmöglich erforderliche Informationen zu beschaffen. Im Streitfall einer Räumungsklage vor Gericht trägt er nämlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, warum ihm eine Kündigung zum erstmöglichen Termin tatsächlich nicht möglich war.
Vertraglich vereinbarter Kündigungsverzicht
Die Parteien eines Wohnraummietverhältnisses haben außerhalb der Bestimmung des § 575 BGB die Möglichkeit, eine Befristung des Mietverhältnisses durch befristeten Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung herbeizuführen. Formularvertraglich kann ein derartiger Verzicht bis zu 4 Jahren vereinbart werden, individualvertraglich auch länger. Vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 57a ZVG ist der Ersteher an diese vertragliche Abrede nicht gebunden. Allerdings muss er zum erstmöglichen Termin auch tatsächlich kündigen, ansonsten ist er an die vertragliche Vereinbarung gebunden.
Musterschreiben: Außerordentliche Kündigung des Wohnraummietverhältnisses durch den Ersteher in der Zwangsversteigerung wegen Eigenbedarfs
[Anschrift des Mieters]
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Mietverhältnis Kölner Weg 139 in 40589 Düsseldorf, Wohnung 1. OG links
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