Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Beim Erwerb gebrauchten Wohnungs- oder Teileigentums ist wie beim Ersterwerb vom Bauträger entscheidend, ob die Sondereigentumseinheit als Kapitalanlage dienen oder eigengenutzt werden soll. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sollten Erwerbsinteressenten so viele Informationen über das Objekt und die Gemeinschaft einholen wie möglich. Oberstes Gebot ist hier die Lektüre der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung und der Beschluss-Sammlung. Stets ist im Übrigen bei der Finanzierung des Kaufpreises an die Kaufnebenkosten wie Maklergebühren, Notar- und Grundbuchgebühren sowie insbesondere die Grunderwerbsteuer zu denken. Für den Erwerber kann es vereinzelt lukrativ sein, ein Objekt im Rahmen der Zwangsversteigerung zu erwerben.
1 Entscheiden: Eigennutzung oder Kapitalanlage?
Von wesentlicher Bedeutung ist zunächst die Klärung der Frage, ob die zu erwerbende Sondereigentumseinheit als Kapitalanlage dienen soll oder ob der Erwerber diese selbst nutzen möchte.
Dient der Erwerb der Kapitalanlage, kommt durchaus der Kauf einer vermieteten Einheit infrage.
Achtung: Kündigungsvorschriften bei beabsichtigter Eigennutzung beachten!
Gewerberaummiete
Im Fall gewünschter Eigennutzung ist zu beachten, dass der Erwerber ein Gewerberaummietverhältnis erst nach Befristungsende kündigen kann, wenn er die Einheit nicht durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erwirbt. Ist im Mietvertrag ausnahmsweise eine Befristung nicht vorgesehen, so sind die darin vereinbarten Kündigungsfristen maßgeblich, im Übrigen die gesetzlichen des § 580a Abs. 2 BGB.
Wohnraummiete
Handelt es sich um ein Wohnraummietverhältnis, kann der Erwerber nur dann kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses geltend machen kann. Dies gilt auch für einen Erwerb im Rahmen der Zwangsversteigerung. Als berechtigtes Interesse gilt in erster Linie Eigenbedarf und die Hinderung an einer wirtschaftlichen Verwertung der Sondereigentumseinheit, selbstverständlich aber auch Vertragsverletzungen.
Will der Erwerber die Einheit also selbst nutzen, sind vermietete Objekte allenfalls 2. Wahl.
1.1 Kauf bricht nicht Miete
Erwerber von Wohnungs- und Teileigentum müssen sich in diesem Gesamtzusammenhang vor Augen führen, dass nach der Bestimmung des § 566 BGB der Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete" gilt. Der Erwerber tritt mit seiner Eintragung als Eigentümer im Grundbuch als neuer Vermieter in das zwischen Mieter und Veräußerer bestehende Mietverhältnis ein – und zwar mit sämtlichen Rechten und Pflichten.
1.1.1 Kündigung des bestehenden Mietverhältnisses durch den Erwerber
1.1.1.1 Kündigung durch den im Grundbuch eingetragenen Erwerber
Der Erwerber ist dann zur Kündigung berechtigt, wenn er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Es gelten für ihn dann die für die ordentliche bzw. außerordentliche Kündigung von Mietverhältnissen geltenden gesetzlichen Regelungen.
1.1.1.2 Kündigung vor Eintragung in das Grundbuch
Ermächtigungserklärung beifügen
Will der Erwerber das Mietverhältnis kündigen, muss er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sein. Das Kündigungsrecht kann nämlich nicht abgetreten werden. Allerdings kann sich der Erwerber vom Veräußerer vor Grundbucheintragung auch zur Kündigung ermächtigen lassen.
Lässt sich der Erwerber zur Kündigung des Mietverhältnisses vom Veräußerer ermächtigen, sollte die Ermächtigungserklärung der Kündigung im Original beigefügt werden. Ansonsten droht die Gefahr, dass der Mieter die Kündigung zurückweist.
Aufgepasst bei Eigenbedarf und Verwertungsabsicht!
Den rechtsgeschäftlichen Erwerber wird man nur als ermächtigt ansehen können, wenn er das Mietverhältnis aus anderen als aus Eigenbedarfs- und Verwertungsgründen kündigen möchte. Der Eigenbedarf und die Verwertungsabsicht müssen sich nämlich auf den jeweiligen Vermieter zum Zeitpunkt der Kündigung beziehen. Für eine Kündigung kann dann lediglich eine Pflichtverletzung des Mieters infrage kommen.
Musterschreiben: Ermächtigungserklärung des Veräußerers an den Erwerber zwecks Kündigung des Mietverhältnisses
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[Briefkopf des Veräußerers] |
ERMÄCHTIGUNGSERKLÄRUNG |
Mit notariellem Kaufvertrag vom ________ zur Urkundenrollen-Nummer ________ vor dem Notar ________ in ________ habe ich meine in der Teilungserklärung nebst Aufteilungsplan mit der Nr. __ bezeichnete Wohnung an Frau ________ veräußert. Nutzen, Lasten sowie Besitz an der Wohnung sind am ________ auf Frau ________ übergegangen. Die Wohnung ist seit ________ an Herrn ________ vermietet.
Hiermit ermächtige ich Frau ________ zur außerordentlichen fristlosen sowie zur ordentlichen fristgemäßen Kündigung dieses Mietverhältnisses wegen erheblicher Störung des Hausfriedens trotz wiederholter Abmahnung.
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Ort und Datum |
Unterschrift des Veräußerers |
Haben Veräußerer und Mieter im Mietvertrag einen zeitlich befristeten Ausschluss der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses vereinbart, ist der Erwerber selbstverständlich an diese Vereinbarung gebunden. Eine Kündigung kommt dann erst zum Fristablauf infrage, wenn nicht die...