1 Leitsatz
Klagt ein Wohnungseigentümer gegen einen vermeintlichen Beschluss, ist der Gebührenstreitwert nach § 48 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO auf 500 EUR festzusetzen.
2 Normenkette
§§ 48, 49 GKG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K wendet sich im Wege der Anfechtungsklage gegen 2 vermeintliche Beschlüsse (die Verwaltung hatte die Wohnungseigentümer zu TOP 5 und 6 nur zu beabsichtigten Erhaltungsmaßnahmen informiert; die Wohnungseigentümer haben keine Beschlüsse gefasst). Fraglich ist, wie man den Gebührenstreitwert für eine solche Klage bestimmt. Das AG meint, die gerichtliche Prüfung beschränke sich auf die Feststellung, dass ein Beschluss nicht gefasst worden sei. Eine inhaltliche Prüfung des vom "Nichtbeschluss" erfassten Streitgegenstandes sei unnötig. Damit sei lediglich ein Mindeststreitwert von 500 EUR anzusetzen.
4 Die Entscheidung
Das sieht das LG auch so! Der Gebührenstreitwert sei nach § 48 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO zu bestimmen. § 49 GKG sei nicht anwendbar. Seine Anwendung setze voraus, dass ein Beschluss Klagegegenstand sei. Dies sei nicht der Fall, da zu TOP 5 und 6 keine Beschlüsse gefasst worden seien. Der Fall sei nicht mit einen "Negativbeschluss" vergleichbar. Denn bei einem Negativbeschluss gebe es im Unterschied zu den hier vorliegenden "Nichtbeschlüssen" eine Abstimmung über einen Beschlussantrag. Es fehle nur die erforderliche Anzahl an "Ja-Stimmen", sodass es zu keiner positiven Beschlussfassung komme. Nach § 48 Abs. 1 GKG sei bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auf den Wert des Streitgegenstandes abzustellen. Sofern es – wie hier – zu einem TOP schon keine Abstimmung gebe, sei mit dem betreffenden TOP keinerlei Wirkung und damit auch kein Wert verbunden. In solchen Fällen sei es sachgerecht, den Gebührenstreitwert nach der geringsten Gebührenstufe und damit auf bis zu 500 EUR festzusetzen.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, welche Norm für die Bestimmung des Gebührenstreitwertes anzuwenden ist, wenn ein Wohnungseigentümer gegen einen angeblichen Beschluss vorgeht, obwohl die Wohnungseigentümer keinen Beschluss gefasst haben.
Bei WEG-Streitigkeiten nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 - 3 WEG richten sich die Gebühren gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstandes. Dies sind §§ 3, 6 bis 9 ZPO.
Bei WEG-Streitigkeiten nach § 43 Abs. 2 Nr. 4 WEG ist der Wert hingegen nach § 49 GKG festzusetzen. Dies gilt auch für Klagen, die entsprechend § 43 Abs. 2 Nr. 4 WEG zu behandeln sind. So liegt es im Fall: Die Klage war gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Der Irrtum des K, es gebe einen Beschluss, war insoweit unbeachtlich. Das LG irrt also!
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
In der Versammlung und danach sollte für jeden Wohnungseigentümer zweifelsfrei klar sein, ob die Verwaltung über einen Gegenstand bloß informiert hat oder ob die Wohnungseigentümer zu dem Gegenstand einen Beschluss gefasst haben. Was gilt, muss durch die Erklärungen der Verwaltung in der Versammlung, in der Niederschrift und in der Beschluss-Sammlung unzweideutig klargestellt werden.
6 Entscheidung
LG Itzehoe, Beschluss v. 24.5.2023, 11 T 46/22