Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Kontostandsmitteilung des einzelnen Eigentümers (Vorjahressaldo, Schlusssaldo) grundsätzlich nicht Gegenstand der Abrechnung und Abrechnungsgenehmigungs-Beschlussfassung
In den Wirtschaftsplan sind nur zu erwartende Einnahmen aufzunehmen
Der Entziehungsbeschluss bedarf der absoluten Stimmenmehrheit, berechnet nach Köpfen
Eingeschränkte Amtsermittlung des Gerichts bei Abrechnungsgenehmigungs-Beschlussanfechtung
Normenkette
§ 18 Abs. 3 WEG, § 28 Abs. 5 WEG, § 12 FGG
Kommentar
1. Eine Kontostandsmitteilung, die dem einzelnen Eigentümer den Gesamtbetrag aufzeigt, den er nach der Berechnung des Verwalters schuldet, ist grundsätzlich nicht Gegenstand der Jahresabrechnung und der Beschlussfassung darüber (vgl. bereits BayObLG, WE 92, 175 und 93, 114). Auch in der Versammlungsniederschrift waren keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass Gegenstand des Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung auch der Vorjahressaldo und der nach Berücksichtigung der Wohngeldzahlungen für den einzelnen Wohnungseigentümer sich ergebende Schlusssaldo sein sollte.
2. In einen Wirtschaftsplan ist eine Forderung nur aufzunehmen, wenn mit ihrer Erfüllung während des Wirtschaftsjahres gerechnet werden kann. In den Wirtschaftsplan sind also Ansprüche oder Rechte nur dann auf der Einnahmenseite aufzunehmen, wenn sie zu den zu erwartenden Einnahmen zu zählen sind, auf die im Laufe des Wirtschaftsjahres zur Bestreitung der Ausgaben zurückgegriffen werden kann (h.M.). Anhaltspunkte dafür, dass die Eigentümer mit der Nichtberücksichtigung einer vom Antragsteller nicht näher bezeichneten Forderung den ihnen zustehenden Ermessensspielraum überschritten haben, sind vorliegend nicht ersichtlich. Ein gegenüber dem Vorjahres-Wirtschaftsjahr um etwa 5% höherer Ansatz der für das Folgejahr erwarteten Ausgaben ist schon im Hinblick auf mögliche Preissteigerungen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ein Wirtschaftsplan würde nur dann gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoßen, wenn er zu wesentlich überhöhten Wohngeldforderungen oder zu erheblichen Nachzahlungspflichten führte (BayObLG, NZM 98, 334, m.w.N.).
3. § 18 Abs. 3 WEG für die Entziehung bzw. für das Veräußerungsverlangen von Wohnungseigentum enthält eine Sonderregelung; es ist hier auf die absolute Mehrheit der stimmberechtigten Eigentümer, gerechnet nach Köpfen, abzustellen. Für die Beschlussfähigkeit ist insoweit gem. § 18 Abs. 3 Satz 3 WEG in Abweichung von § 25 Abs. 3 WEG nur nötig, dass die Mehrheit der stimmberechtigten Eigentümer, nicht die Mehrheit der Miteigentumsanteile, anwesend oder vertreten ist. Insoweit kann es im vorliegenden Fall offen bleiben, inwieweit die Gemeinschaftsordnung eine abweichende Regelung hierzu treffen kann (in Rechtsprechung und Literatur derzeit umstritten). Vorliegend war zwar für "Verwaltungsangelegenheiten" in der Gemeinschaftsordnung das Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen vereinbart. In richtiger und vom Rechtsbeschwerdegericht selbständig vorzunehmender Auslegung gilt mangels weitergehender ausdrücklicher Vereinbarung diese vereinbarte Stimmrechtsregelung jedoch nicht für den Sonderfall der Entziehung angesichts der besonderen Bedeutung einer solchen Beschlussfassung. Dabei kann offen bleiben, ob überhaupt § 18 Abs. 3 WEG abbedungen werden kann.
4. In der Rechtsbeschwerdeinstanz bleibt neuer Tatsachenvortrag unberücksichtigt. Unbeschadet der Amtsermittlungspflicht des Gerichts besteht allerdings auch Mitwirkungspflicht der Beteiligten, die sich auf begünstigende Tatsachen unter Benennung entsprechender Beweismittel eigenständig zu berufen haben. Die Benennung von Aktenzeichen anderer Verfahren genügt dieser Darlegungslast nicht, so dass das Beschwerdegericht auch von der Beiziehung bezeichneter Verfahrensakten absehen konnte.
5. Gerichtskostenquotelung und hälftige Erstattung der außergerichtlichen Kosten bei Geschäftswert für alle Rechtszüge von DM 99.000,- in entsprechender Änderung der Vorinstanzbeschlüsse.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 24.06.1999, 2Z BR 179/98= BayObLGZ 99 Nr. 40)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung