Leitsatz
Das erstinstanzliche Gericht hatte den Wert eines Verfahrens auf Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361b BGB auf das 12fache der monatlichen Kaltmiete der Immobilie festgelegt. Hiergegen legte die Ehefrau Beschwerde mit der Begründung, nur die 6fache Miete, die sie zudem auf einen niedrigeren Monatsbetrag schätze, sei maßgeblich.
Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt den vom erstinstanzlichen Gericht festgesetzten Gegenstandswert für zutreffend.
Der Wert richte sich, da er ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit betreffe, nach § 100 Abs. 3 KostO. Nach dem Wortlaut dieser Regelung in Satz 1 bestimme sich der Wert, "soweit der Streit die Wohnung betrifft, nach einem einjährigen Mietwert".
Die gesetzliche Regelung differenziere nicht danach, ob es sich um eine endgültige Wohnungszuweisung für den Fall der Scheidung oder nur um eine solche für den Fall der Trennung handele. Eine die Jahresmiete unterschreitende Wertfestsetzung wäre nur dann möglich, wenn auf die hier in Rede stehende Konstellation § 100 Abs. 3 S. 2 KostO entsprechend angewendet werden könnte. Dies sei im Ergebnis zu verneinen (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 29.7.2003 - 22 UF 375/03).
Richtig sei, dass § 100 Abs. 3 KostO mit Wirkung vom 1.8.2001 wortgleich an die Stelle des zugleich aufgehobenen § 21 Abs. 3 HausratVO getreten sei, für den die überwiegende Auffassung seinerzeit vertreten habe, der Normwortlaut enthalte eine nur redaktionell bedingte Auslassung: Sachgerecht müsse Abs. 3 Satz 2 so gelesen werden, dass für die Wertfestsetzung das Interesse der Beteiligten maßgeblich sei, wenn der Streit im Wesentlichen nur die Benutzung des Hausrats "oder der Wohnung" betreffe. Eine Auseinandersetzung über die vorübergehende Nutzung der Wohnung im Trennungszeitraum sei daher mit dem halbjährigen Mietwert zu bewerten (OLG Karlsruhe v. 18.2.2003 - 20 WF 117/02, OLGReport Karlsruhe 2003, 506 = FamRZ 2003, 1767, m.zahlr.N. zum Streitstand; ebenso Müller-Gindullis in MünchKomm, 4. Aufl. 2000, § 21 HausratVO Rz. 7). Nach Auffassung des OLG haben allenfalls im Hinblick auf die frühere Gesetzeslage beachtliche Gründe für die vom OLG Karlsruhe vertretene Auffassung gesprochen. Hieran sei für die aus § 100 Abs. 3 KostO ersichtliche Gesetzesfassung nicht festzuhalten. Gerade wenn man für § 21 Abs. 3 HausratVO a.F. von einer Regelungslücke ausgehen wolle, wäre es kaum verständlich anzunehmen, dass der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Auslegung mit der wortgleichen Übernahme der Vorschrift in § 100 Abs. 3 KostO ein früheres Redaktionsversehen wissentlich hätte wiederholen wollen. Vielmehr hätte die Annahme nahe gelegen, dass der Gesetzgeber die Gelegenheit der Gesetzesreform genutzt hätte, die Bestimmung klarzustellen, wenn er § 100 Abs. 3 S. 2 KostO im Sinne der vorher zu § 21 Abs. 3 S. 2 HausratVO vertretenen Analogie hätte verstanden wissen wollen.
Aus dem Umstand, dass er dies nicht getan und für Verfahren nach § 1361b BGB also gerade keine von § 100 Abs. 3 S. 1 KostO abweichende Sonderbestimmung zur Streitwertbemessung getroffen habe, schloss das OLG, dass es insoweit bei der letztgenannten Vorschrift verbleiben solle (ebenso OLG Karlsruhe v. 23.6.2004 - 5 WF 86/04, FamRZ 2005, 230; OLG Frankfurt v. 28.1.2004 - 5 WF 230/03, OLGReport Frankfurt 2004, 148 = FamRZ 2005, 230; OLG München FamRZ 2005, 1002; OLG Düsseldorf FamRZ 2005, 1583; OLG Hamm v. 30.6.2005 - 6 WF 455/04, FamRZ 2006, 141; zustimmend Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl. 2006, § 100 KostO Rz. 5, m.w.N.; Weinreich in Prütting u.a., BGH-Kommentar 2006, § 1361b BGB Rz. 32).
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, 20 WF 0556/06