Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert eines Verfahrens auf Zuweisung der Ehewohnung für die Trennungszeit

 

Leitsatz (amtlich)

Der Gegenstandswert eines Verfahrens auf Zuweisung der Ehewohnung für die Trennungszeit gem. § 1361b BGB bemisst sich nach dem einjährigen Mietwert (§ 100 Abs. 3 Satz 1 KostO); demgegenüber scheidet eine entsprechende Anwendung vom § 100 Abs. 3 Satz 2 KostO aus, weil die seit dem 1.8.2001 geltende Gesetzesfassung keine Regelungslücke erkennen lässt.

 

Normenkette

BGB § 1361b; KostO § 100 Abs. 3 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

AG Stollberg (Beschluss vom 23.05.2006; Aktenzeichen 4 F 55/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 26.6.2006 gegen den Beschluss des AG - FamG - Stollberg vom 23.5.2006 - 4 F 55/06 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde richtet sich gegen einen Streitwertbeschluss, mit dem das FamG den Wert eines Verfahrens auf Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361b BGB auf das 12fache der monatlichen Kaltmiete der Immobilie festgelegt hat. Die Beschwerdeführerin hält demgegenüber nur die 6fache Miete, die sie zudem auf einen niedrigeren Monatsbetrag schätzt, für maßgeblich.

Der Rechtsbehelf ist zulässig, aber unbegründet. Die Annahme des FamG, die Monatsmiete des Anwesens (Einfamilienhaus mit Garage in ländlicher Lage auf 810 m2 großem Grundstück) sei mit insgesamt 800 EUR zu bewerten, hält sich im Rahmen eines sachgerechten Schätzungsermessens. Den vom FamG festgesetzten Gegenstandswert erachtet der Senat auch im Übrigen für zutreffend.

Dieser Wert richtet sich, da er ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit betrifft, nach § 100 Abs. 3 KostO. Nach dem Wortlaut dieser Regelung in Satz 1 bestimmt sich der Wert, "soweit der Streit die Wohnung betrifft, nach dem einjährigen Mietwert". Dies differenziert nicht danach, ob es sich um eine endgültige Wohnungszuweisung für den Fall der Scheidung handelt oder nur um eine solche für den Trennungsfall, die de jure vorläufigen Charakter trägt, sich tatsächlich aber häufig ebenfalls als dauerhaft herausstellen mag. Eine die Jahresmiete unterschreitende Wertfestsetzung wäre danach nur möglich, wenn auf die hier in Rede stehende Konstellation § 100 Abs. 3 S. 2 KostO entsprechend angewendet werden könnte. Das hat das OLG Dresden bereits mit Beschluss vom 29.7.2003 (OLG Dresden, Beschl. v. 29.7.2003 - 22 UF 375/03) im Ergebnis verneint; dem schließt sich der Senat an.

Richtig ist, dass § 100 Abs. 3 KostO mit Wirkung vom 1.8.2001 wortgleich an die Stelle des zugleich aufgehobenen § 21 Abs. 3 HausratVO getreten ist, für den die überwiegende Auffassung seinerzeit vertreten hatte, der Normwortlaut enthalte eine nur redaktionell bedingte Auslassung: Sachgerecht müsse Abs. 3 Satz 2 so gelesen werden, dass für die Wertfestsetzung das Interesse der Beteiligten maßgebend sei, wenn der Streit im Wesentlichen nur die Benutzung des Hausrats "oder der Wohnung" betreffe; eine Auseinandersetzung über die (vorübergehende) Nutzung der Wohnung im Trennungszeitraum sei daher mit dem halbjährigen Mietwert zu bewerten (OLG Karlsruhe v. 18.2.2003 - 20 WF 117/02, OLGReport Karlsruhe 2003, 506 = FamRZ 2003, 1767, m.zahlr.N. zum Streitstand; ebenso Müller-Gindullis in MünchKomm, 4. Aufl. 2000, § 21 HausratVO Rz. 7).

Dafür mögen im Hinblick auf die frühere Gesetzeslage beachtliche Gründe gesprochen haben; die Ansicht des OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe v. 18.2.2003 - 20 WF 117/02, OLGReport Karlsruhe 2003, 506 = FamRZ 2003, 1767), das hieran auch für die aus § 100 Abs. 3 KostO ersichtliche Gesetzesfassung festzuhalten sei, vermag der Senat jedoch nicht zu teilen. Gerade wenn man für § 21 Abs. 3 HausratVO a.F. von einer Regelungslücke ausgehen will, wäre es kaum verständlich anzunehmen, dass der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Auslegung mit der wortgleichen Übernahme der Vorschrift in § 100 Abs. 3 KostO ein früheres Redaktionsversehen wissentlich hätte wiederholen wollen; vielmehr hätte die Annahme nahe gelegen, dass der Gesetzgeber die Gelegenheit der Gesetzesreform genutzt hätte, die Bestimmung klarzustellen, wenn er § 100 Abs. 3 S. 2 KostO im Sinne der vorher zu § 21 Abs. 3 S. 2 HausratVO vertretenen Analogie hätte verstanden wissen wollen. Aus der Tatsache, dass er dies nicht getan, für Verfahren nach § 1361b BGB also gerade keine von § 100 Abs. 3 S. 1 KostO abweichende Sonderbestimmung zur Streitwertbemessung getroffen hat, schließt der Senat daher, dass es insoweit bei der letztgenannten Vorschrift verbleiben soll (ebenso OLG Karlsruhe v. 23.6.2004 - 5 WF 86/04, FamRZ 2005, 230; OLG Frankfurt v. 28.1.2004 - 5 WF 230/03, OLGReport Frankfurt 2004, 148 = FamRZ 2005, 230; OLG München FamRZ 2005, 1002; OLG Düsseldorf FamRZ 2005, 1583; OLG Hamm v. 30.6.2005 - 6 WF 455/04, FamRZ 2006, 141; zustimmend Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl. 2006, § 100 KostO Rz. 5, m.w.N.; Weinreich in Prütting u.a., BGH-Kommentar 2006, § 1361b BGB Rz. 32).

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen, ohne dass eine Kostenentscheidung veranlasst wäre, weil das Beschwerdeverfahren geri...

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