Leitsatz
Das OLG hatte sich damit auseinanderzusetzen, welche Verfahrensregeln auf ein Beschwerdeverfahren Anwendung finden, wenn das Verfahren erster Instanz vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist.
Sachverhalt
Mit Beschluss vom 25.11.2009 hatte das erstinstanzliche Gericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das im Jahre 2001 geborene Kind der Parteien dem Antragsteller alleine übertragen und den Antrag der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Der Beschluss wurde der anwaltlich vertretenen Antragsgegnerin am 14.12.2009 zugestellt.
Durch ihren erstinstanzlichen Bevollmächtigten hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14.1.2010 befristete Beschwerde gegen den Beschluss des AG eingelegt und beantragt, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
Die an das AG adressierte Beschwerdeschrift ging am 14.1.2010 nach Dienstschluss beim AG ein und wurde gemäß Verfügung der Familienrichterin vom 19.1.2010 nebst Akten an das OLG übersandt, wo sie am 21.1.2010 eingegangen sind.
Mit Verfügung vom 22.1.2010 hat das OLG die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass auf das vorliegende Beschwerdeverfahren das bis zum 31.8.2009 geltende Recht anzuwenden sei. Das AG habe am 19.1.2010 die Weiterleitung der Beschwerde an das OLG verfügt. Diese Verfügung sei am selben Tage ausgeführt worden. Die Akte sei am 21.1.2010 eingegangen.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 1.2.2010 Wiedereinsetzung beantragt und sofortige Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss eingelegt.
Die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin hat vorgetragen, sie sei am 21.1.2010 von der Antragsgegnerin bevollmächtigt worden. Erst durch einen Artikel in einer Fachzeitschrift, ihr zugegangen vor ca. 3 Tagen, habe sie sichere Kenntnis unter Verweis auf eine noch in allen Zeitschriften veröffentlichte Entscheidung des BGH vom 25.11.2009 darüber erhalten, dass der BGH das bis Ende 2009 geltende Prozessrecht in den Verfahren anwende, in denen der Rechtsstreit - wie hier - vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sei.
Die bisher unklare Rechtslage zur Einlegung von Rechtsmittel bei "Altfällen" könne nicht zu Lasten der Antragsgegnerin gehen, so dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattzugeben sei.
Entscheidung
Das OLG hat die Beschwerde der Antragsgegnerin verworfen, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei.
Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG fänden auf das am 12.8.2008 eingeleitete Verfahren die bis zum 31.8.2009 geltenden gesetzlichen Vorschriften Anwendung. Dies gelte auch für das Beschwerdeverfahren (BGH FamRZ 2010, 189; OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2009, 872; OLG Düsseldorf MDR 2009, 1352; OLG Köln FamRZ 2009, 1852), da es auf die Einleitung des Verfahrens ankomme.
Das am 14.1.2010 eingeleitete Beschwerdeverfahren sei kein selbständiges Verfahren i.S.d. Abs. 2 der Übergangsvorschrift des Art. 111 FGG-RG. Das OLG folgte insoweit der Auffassung, dass der "Reparaturgesetzgeber" mit Abs. 2 dem neuen Rechtsmittelrecht eine schnellere Anwendung habe verschaffen wollen.
Der Gesetzesbegründung sei zu entnehmen, dass die Übergangsvorschrift des Art. 111 Abs. 1 FGG-RG sich einheitlich auf die Durchführung des Verfahrens in allen Instanzen gleichermaßen erstrecke. Sei das Verfahren in erster Instanz noch nach dem bisherigen Recht eingeleitet worden, so erfolge auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht. Ausschließlich soweit auch bereits das erstinstanzliche Verfahren nach den Vorschriften des FGG-Reformgesetzes durchzuführen gewesen sei, richte sich auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach den Regelungen des FGG-Reformgesetzes.
Zum Zeitpunkts des Eingangs der Beschwerdeschrift infolge Weiterleitung am 21.1.2010 beim OLG sei die einmonatige Frist zur Einlegung der Beschwerde (§§ 621e Abs. 2 S. 2, 517 ZPO) bereits abgelaufen gewesen, weswegen das Rechtsmittel als verspätet unzulässig sei.
Voraussetzungen für die begehrte Wiedereinsetzung lägen nicht vor. Bei der gegebenen Sachlage könne nicht angenommen werden, dass die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin die Beschwerdefrist unverschuldet versäumt habe.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Beschluss vom 01.03.2010, 1 UF 29/10