Leitsatz
Die Parteien - seinerzeit iranische Staatsangehörige - hatten im Jahre 1994 im Iran die Ehe geschlossen. In der Heiratsurkunde des iranischen Heiratsnotariats wurde als Brautgeld der Ehefrau u.a. 1000 Goldstücke "Bahar Azadi'" vereinbart. Im Jahre 2002 unterzeichnete die Ehefrau eine privatschriftliche Erklärung in persischer Sprache, wonach sie auf die als Morgengabe festgesetzten Goldmünzen verzichtete und der Ehemann von jeglicher Zahlungsverpflichtung befreit wurde.
Sie machte geltend, zur Abgabe dieser Erklärung im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht für das 1996 geborene gemeinsame Kind genötigt worden zu sein.
Im Verbundverfahren machte die Ehefrau die Morgengabe geltend und verlangte von dem Ehemann Herausgabe der 1000 Goldstücke. Die Klage der Ehefrau auf Herausgabe wurde abgewiesen. Auch verschiedene iranische Gerichte wiesen die Klage auf Herausgabe ab.
Mit ihrer Berufung verfolgte die Ehefrau den Antrag auf Herausgabe der Goldmünzen weiter.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Berufung der Ehefrau für begründet und verurteilte den Ehemann zur Herausgabe der Münzen.
Deutsche Gerichte seien mit Rücksicht auf den dauerhaften Aufenthalt beider Parteien in Deutschland international für den Rechtsstreit zuständig. Die vom FamG vorgenommene Verbindung mit der Ehesache sei allerdings verfahrensfehlerhaft. Das auf Zahlung der Morgengabe gerichtete Verfahren stelle keine Folgesache i.S.v. § 623 ZPO dar und könne somit nicht in den Scheidungsverbund einbezogen werden (vg. BGH FamRZ 2004, 1152, 1958; OLG Hamm FamRZ 2004, 511).
Die fehlerhaft vorgenommene Einbeziehung in das Verbundverfahren sei allerdings unschädlich. Der Einwand der internationalen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) greife nicht durch, da im Iran Verfahren erst nach Rechtshängigkeit in Deutschland angestrengt worden seien.
Auch das Ergebnis zweier rechtskräftiger Entscheidungen im Iran in den Jahren 2005 und 2006 zur Morgengabe stelle kein Verfahrenshindernis dar. Diesen Entscheidungen fehle nach § 328 Nr. 5 ZPO mangels Verbürgung der Gegenseitigkeit die Anerkennungsfähigkeit, über die das entscheidende Gericht inzidenter zu befinden habe, da die gesonderten Entscheidungszuständigkeiten für die Anerkennung ausländischer Urteile nach Art. 7 § 1 FamRÄndG nur Ehesachen beträfen.
Die Anspruchsvoraussetzungen seien ebenso wie die Frage, ob der Anspruch auf Morgengabe bestehen geblieben sei, unter Anwendung iranischen Rechts zu beurteilen.
Nach Art. 8 Abs. 3 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien von 1929 blieben in Bezug auf das Familienrecht Iraner auch in Deutschland ihrem Heimatrecht unterworfen. Das Niederlassungsabkommen gehe nach Art. 3 Abs. 2 EGBGB dem autonomen Kollisionsrecht vor. Da der Ehemann seit Januar 2002 und die Ehefrau seit Januar 2003 die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen, führe auch der die Morgengabe erfassende Art. 14 EGBGB zu keinem anderen Ergebnis. Danach trete ein Statutenwechsel erst ein, wenn beide Ehegatten übereinstimmend die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen. Das OLG sah als maßgeblichen Zeitpunkt das Datum der Erlassvereinbarung im September 2002 an. Es handele sich insoweit um einen abgeschlossenen Tatbestand, der von dem Statutenwechsel im Jahre 2003 nicht betroffen sei.
Selbst wenn man güter- oder scheidungsrechtlich qualifizieren wolle, läge der Anknüpfungszeitpunkt nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB mit Eheschließung im Jahre 1994 bzw. nach Art. 17 Abs. 1 EGBEB mit Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages im Jahre 2000 ebenfalls vor den Einbürgerungen in den Jahren 2002 bzw. 2003.
Eine Wandelbarkeit des Scheidungsstatuts sei entgegen einer Auffassung aus der Literatur auch in Einbürgerungsfällen abzulehnen, ebenso die teilweise von der Rechtsprechung befürwortete Qualifikation der Morgengabevereinbarung als Frage des Unterhaltsrechts, die hier nach Art. 18 Abs. 4 EGBGB zur Anwendung deutschen Rechts führen würde.
Die Beurteilung der Erlassvereinbarung unterliege iranischem Recht, weil es nach Art. 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB auf das ursprüngliche, im Iran zwischen Iranern gegebene Morgengabeversprechen ankomme und dieses die engste Bindung zum Iran aufweise. Nach iranischem Recht müsse die Erlassvereinbarung freiwillig getroffen worden sein. Hierfür sei der Ehemann beweisfällig geblieben.
Link zur Entscheidung
OLG Zweibrücken, Urteil vom 24.04.2007, 5 UF 74/05