Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltendmachung des Anspruchs auf Morgengabe nach iranischem Recht vor deutschen Gerichten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Geltendmachung des Anspruchs auf die Morgengabe nach iranischem Recht vor deutschen Gerichten und zur Wirksamkeit eines Verzichts auf die Morgengabe.

2. Die Rechtshängigkeit des Anspruchs vor iranischen Gerichten und dort ergangene Entscheidungen begründen in Deutschland kein Verfahrenshindernis.

 

Normenkette

Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien Art. 8 Abs. 3; iran. ZGB § 1082; iran. ZGB § 1180; iran. ZGB § 1287; iran. ZGB § 1291; EGBGB Art. 3 Abs. 2, Art. 14; ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1, § 328 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

AG Kaiserslautern (Urteil vom 16.03.2005; Aktenzeichen 4 F 1084/99)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des AG - FamG - Kaiserslautern vom 16.3.2005 in seiner Ziff. II geändert:

Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin 1000 Goldstücke Bahar Azadi herauszugeben.

II. Hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz verbleibt es bei

der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 26.8.1994 im Iran geschlossene (zweite) Ehe der Parteien ist im vorliegenden Scheidungsverbundverfahren durch Ziff. I des insoweit nicht angegriffenen Urteils erster Instanz seit Ende Juli 2005 rechtskräftig geschieden.

Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren beide Parteien iranische Staatsangehörige. Im Laufe des Scheidungsverfahrens haben sie beide nacheinander die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt.

In der Heiratsurkunde vom 26.8.1994 des iranischen Heiratsnotariats Shahre-Ray Nr. 8... wurden als Brautgeld der Antragstellerin u.a. 1000 Goldstücke 'Bahar Azadi' vereinbart.

Die Antragstellerin unterzeichnete am 16.9.2002 eine privatschriftliche Erklärung in persischer Sprache, nach der die als Morgengabe festgesetzten 1000 Goldmünzen dem Antragsgegner 'verschenkt worden' seien und er von jeglicher Zahlungsverpflichtung befreit sei.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, sie sei im Zusammenhang mit der Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das gemeinsame Kind A. Ar., geboren am... 1996, von dem Antragsgegner zur Abgabe der Verzichtserklärung genötigt worden.

Das FamG hat die zunächst gesondert erhobene Klage auf Herausgabe der Goldmünzen durch Beschluss vom 1.10.2003 mit dem Scheidungsverfahren verbunden.

Mit Verbundurteil vom 16.3.2005 wurde die Ehe der Parteien auf den Antrag der Antragstellerin unter Anwendung deutschen Sachrechts geschieden und u.a. der Antrag auf Herausgabe von 1000 Grundstücken 'Bahar Azadi' abgewiesen. Dem Antragsgegner sei die Verpflichtung aus dem notariellen Heiratsvertrag von der Antragstellerin mit der Erklärung vom 16.9.2002 erlassen worden.

Die Antragstellerin verfolgt mit der Berufung ihren Antrag auf Herausgabe der Goldmünzen weiter.

Zur Begründung trägt sie vor:

Entgegen der Auffassung des FamG sei auf den Erlassvertrag iranisches Recht, nicht deutsches Recht anzuwenden. Der Erlassvertrag sei danach unwirksam. Zur Aufhebung der Vereinbarung über die Morgengabe sei eine notarielle Beurkundung erforderlich.

Die Antragstellerin habe bereits durch einen Brief vom 14.10.2003 dem iranischen Gericht mitgeteilt, dass ihre privatschriftliche Erklärung vom 16.9.2002 unter Drohung geschrieben worden sei. Der Vertrag sei deshalb nach dem iranischen Zivilgesetzbuch unwirksam. Außerdem habe sie einen schenkweisen Verzicht nach § 803 des iranischen Zivilgesetzbuches widerrufen können. Dies sei mit dem Schreiben vom 14.10.2003 erfolgt.

Die Antragstellerin beantragt, unter Abänderung des Urteils vom 16.3.2005, Ziff. II, den Antragsgegner zu verurteilen, an die Antragstellerin 1000 Grundstücke 'Bahar Azadi' herauszugeben.

Der Antragsgegner beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, das Verfahren sei wegen anderweitiger Rechtshängigkeit und Entscheidung durch iranische Gerichte in Teheran unzulässig.

Das FamG habe auf den Erlassvertrags zu Recht nach Art. 28 EGBGB deutsches Recht angewandt. Auch bei Anwendung iranischen Rechts sei eine notarielle Beurkundung nicht erforderlich. Danach sei auch ein grundloser Schenkungswiderruf nicht möglich.

Der Senat hat gemäß seinem Beschluss vom 20.1.2006 ein Rechtsgutachten beim Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt. Auf das schriftliche Gutachten von Dr. N.Y. vom 28.9.2006 (Bl. 424 bis 437 d.A.) wird Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Antragstellerin ist begründet.

Die Antragstellerin kann die in der Heiratsurkunde vereinbarte Morgengabe von 1000 Goldmünzen Bahar Azadi beanspruchen und im vorliegenden Verfahren mit Erfolg geltend machen.

1. Deutsche Gerichte sind mit Rücksicht auf den dauerhaften Aufenthalt beider Parteien in Deutschland international für den Rechtsstreit zuständig (vgl. BGH v. 28.2.1996 - XII ZR 181/93,...

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