Leitsatz

  1. Auch das Gemeinschaftseigentum ist grundsätzlich von jedem einzelnen Ersterwerber abzunehmen
  2. Verjährungseintritt für Mängelansprüche erst bei Verjährungseintritt durch den letzten Erwerber ("Nachzügler")
  3. Die Gemeinschaft kann individuelle Gewährleistungsansprüche eines Erwerbers durch Beschluss an sich ziehen und insoweit auch mit weiterem Beschluss den Verwalter zur Durchsetzung ermächtigen
 

Normenkette

§ 10 Abs. 6 Satz 3 WEG; §§ 203, 204, 212 Abs. 1 Nr. 1, 633 ff. BGB

 

Kommentar

  1. Grundsätzlich muss nicht nur das Sondereigentum, sondern auch das Gemeinschaftseigentum von jedem einzelnen Ersterwerber abgenommen werden. Eine solche Abnahme hat auch nur für den jeweiligen einzelnen Erwerber Folgen und wirkt nicht für andere – etwa zeitlich nachfolgende – Käufer. Damit sind Mängelansprüche endgültig erst dann verjährt, wenn für den letzten Erwerber ("Nachzügler") Verjährungseintritt erfolgt ist (vgl. Werner-Pastor, 13. Aufl., Rn. 507 m.w.N.).
  2. Hieraus folgt, dass jeder einzelne Erwerber die Mängel am Gemeinschaftseigentum auch eigenständig geltend machen kann.
  3. Will die Gemeinschaft anstelle eines Erwerbers diesem zustehende Mängel einklagen, muss sie zunächst die Erwerberrechte durch Beschluss gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG an sich ziehen und sodann – soweit sie den Verwalter mit deren gerichtlicher Durchsetzung betrauen will – diesen mit einem weiteren Mehrheitsbeschluss ermächtigen. Bereits verjährte Eigentümer-Einzelrechte können insoweit auch nicht mehr durch die Gemeinschaft geltend gemacht werden.
  4. Vorliegend hat sich der Beschluss der Gemeinschaft nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG nicht auf noch unverjährte Rechte des Nachzüglers bezogen, dessen Rechte allein noch unverjährt gewesen wären. Aktivlegitimation der klagenden Gemeinschaft hätte nur dann bestanden, wenn die Gemeinschaft auch diese Ansprüche des letzten Erwerbers wirksam an sich gezogen hätte, was allerdings vorliegend laut Versammlungsprotokoll nicht der Fall war. Auch nach Aussage des Verwalters habe man sich bei seinerzeitiger Beschlussfassung über die Nachzüglerproblematik keine Gedanken gemacht. Insoweit konnte auch nicht von einem konkludenten An-sich-Ziehen der Mängelgewährleistungsrechte des Nachzügler-Erwerbers ausgegangen werden.
  5. So musste entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerin für die Geltendmachung der streitgegenständlichen Gewährleistungsansprüche die Klage kostenpflichtig ohne Revisionszulassung abgewiesen werden.
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Urteil vom 03.07.2012, 13 U 2506/11 Bau

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