Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 13 Abs. 2 WEG, § 14 Nr. 1 WEG, § 15 WEG,
Kommentar
1. In einer Anlage hatte eine Teileigentümerin dreier Läden diese an eine Elterninitiative vermietet, die dort derzeit 24 Kinder im Alter von 1 bis 6 Jahren betreut. Im Rahmen der Kinderbetreuung nutzten die Mieter der Antragstellerin die Grünfläche der Anlage als Spielwiese. In einer Eigentümerversammlung wurde beschlossen:
"Die Benutzung der Gemeinschaftsflächen (Gartenanlage) zu gewerblichen Zwecken, u.a. Aufstellen von Stühlen, Tischen, Bänken, Sonnenschirmen, Spielgeräten über die bereits vorhandene Anlage hinaus in Verbindung mit der gewerblichen Nutzung der im EG befindlichen gewerblichen Einheiten wird nicht gestattet bzw. untersagt."
Die Beschlussanfechtung der Teileigentümerin wurde in allen Instanzen zurückgewiesen.
2. Das Recht eines Wohnungs- oder Teileigentümers, sein Sondereigentum zu vermieten, schließt grundsätzlich auch die Befugnis ein, das ihm zustehende Recht auf Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums auf Mieter zu übertragen. Dies gilt grundsätzlich auch für den Mitgebrauch derjenigen gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen, die für die Nutzung des Sondereigentums nicht notwendig sind.
Nach Gesetz ( § 15 Abs. 3 WEG) und hier in der Gemeinschaftsordnung getroffener Vereinbarung darf jeder Hausbewohner die Gartenanlage insoweit nutzen, als dies der Zweckbestimmung entspricht und hierdurch der Mitgebrauch der übrigen Hausbewohner nach der Verkehrssitte nicht ungebührlich beeinträchtigt wird. Dem Aufteilungsplan zufolge bestand hier ein schmaler Geländestreifen, ausgewiesen als Kinderspielplatz. Daraus ergibt sich, dass diese so bezeichnete Grundstücksfläche zur Nutzung als Spielmöglichkeit für die in der Anlage wohnenden Kinder bestimmt ist, da nach Art. 8 Abs. 1 BayBO auf jedem Baugrundstück, auf dem Gebäude mit mehr als drei Wohnungen errichtet werden, ein Kinderspielplatz anzulegen ist, als privater Spielplatz jedoch nur zur Nutzung der in dem Gebäude wohnenden Kinder. Der räumliche Bereich des Kinderspielplatzes ist somit grundsätzlich nur den Wohnungen, nicht aber den Teileigentumseinheiten, zur Nutzung zugeordnet. Über eine solche "Eigennutzung" geht im vorliegenden Fall die Nutzung durch eine größere Anzahl von Kindern, die in Teileigentumsräumen gegen Entgelt betreut werden, weit hinaus; diese Art der Nutzung wird jedenfalls von der vereinbarten Zweckbestimmung nicht gedeckt.
3. Im vorliegenden Fall haben die Eigentümer durch Beschluss lediglich die nach Zweckbestimmung zulässige Nutzung konkretisiert. Die Betreuung von Kindern gegen Entgelt stellt zwar keine gewerbliche Tätigkeit im Rechtssinne dar (vgl. § 6 Satz 1 GewO), gleichgültig ob sie öffentlich bezuschusst ist oder nicht; sie kommt jedoch einer Gewerbeausübung nahe. Auch diese Art der Nutzung begründet die generelle Besorgnis vermehrter Beeinträchtigungen (vgl. auch KG Berlin, NJW-RR 92/1102). Es fühlten sich einige Eigentümer durch die Benutzung des Gartens zur Kinderbetreuung auch über Gebühr belästigt.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert für die Dritte Instanz von DM 20.000.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 09.10.1997, 2Z BR 90/97)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer