Normenkette

§ 14 WEG, § 15 WEG, § 21 WEG

 

Kommentar

1. Durch Verwaltungsaktbescheid wies die Baugenehmigungsbehörde in Vollzug des Bundesseuchengesetzes den Verwalter an, den Betrieb einer im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Schwimmhalle unverzüglich einzustellen, im Fall eines zukünftigen Betriebs des Hallenbades für einen Umbau nach DIN 19643 zu sorgen und vor Inbetriebnahme des Bades einen schriftlichen Nachweis der beteiligten Fachfirmen vorzulegen. Ein eingeschaltetes Planungsbüro für Versorgungstechnik schätzte die Sanierungskosten des Schwimmbades auf knapp DM 160.000,-.

In außerordentlicher Eigentümerversammlung beschlossen die Eigentümer mehrheitlich, "das Schwimmbad nicht zu sanieren". Auf Anfechtung eines Eigentümers hin wurde dieser Beschluss v. Amts- und Landgericht für ungültig erklärt.

2. Jedem Miteigentümer steht an diesem gemeinschaftlichen Schwimmbad der Mitgebrauch zu ( §§ 13, 15 WEG). Allein durch mehrheitliche Beschlussfassung der Eigentümer kann einem bzw. mehreren Miteigentümern dieser Mitgebrauch nicht entzogen werden. Die beschlossene Nichtsanierung ist einem Entzug des Mitgebrauchs jedoch gleichzustellen. Ein solcher Nutzungsentzug könnte nur allstimmig beschlossen oder ändernd vereinbart werden. Das Erfordernis der Allstimmigkeit ergibt sich aus dem im Beschluss liegenden Gebrauchsentzug. Vom Erfordernis der Einstimmigkeit kann im vorliegenden Verfahren auch nicht abgesehen werden, da der anfechtende Eigentümer durch die Ablehnung der Sanierung in seinen Rechten über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt wird und ihm durch das Nichtbenutzen des Bades ein Nachteil erwächst ( § 14 Nr. 1 WEG).

Auch die frühere Entscheidung des BayObLG, Entscheidung vom 19. 2. 1987, Az.: 2 Z 139/86= WE 88, 21 führt zu keinem anderen Ergebnis, da dort ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümer auf Schließung eines Schwimmbades mangels fristgemäßer Anfechtung bestandskräftig wurde und der Senat dort nur herausstellte, dass der Beschluss nicht nichtig sei. Im vorliegenden Fall wurde demgegenüber der Mehrheitsbeschluss, der letztlich zur Schließung des Schwimmbades führen sollte, form- und fristgerecht angefochten.

3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung zulasten der Antragsgegner (der restlichen Eigentümer und - überraschenderweise - auch des Verwalters (!) als im Rubrum der Entscheidung ebenfalls genanntem Mitantragsgegner und Mitbeschwerdeführer) bei Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren von DM 160.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( LG Kempten, Beschluss vom 09.03.1998, 4 T 2565/97, mitgeteilt von RA Wollnitza, Füssen - rechtskräftig -)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Im vorliegenden Fall wurde ein Mehrheitsbeschluss mit negativem Sachinhalt gefasst, "das Schwimmbad nicht zu sanieren". Insoweit wurde die Anfechtungsberechtigung eines solchen Beschlusses von beiden Instanzgerichten - m.E. zu Recht - auch nicht infrage gestellt. Auch eine Nichtsanierungsmehrheitsentscheidung einer Schließung des Schwimmbades gleichzustellen, erscheint mir im vorliegenden Fall durchaus korrekt. Die Gemeinschaft war hier verpflichtet, aufgrund der behördlichen Verfügung allein im Sinne einer notwendigen Sanierung des Hallenbades zu entscheiden und eine Stilllegung damit zu verhindern. Streitgegenständlich wurde im bisherigen Verfahren allerdings allein der sanierungsablehnende Beschluss für ungültig erklärt; sollte die Gemeinschaft nun weiterhin passiv bleiben, müsste der obsiegende Eigentümer neuerlich die Gemeinschaft auf entsprechende Sanierung(sverpflichtung) - wohl nach Leistungsverzeichnis und Kostenvoranschlag des Planungsbüros verklagen - (vgl. auch § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG).

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