Leitsatz
Da der Schutz des Vertragserben nach § 2287 BGB nicht weiter reicht als die vertragliche Bindung, die der Erblasser mit dem Erbvertrag eingegangen ist, gilt § 2287 BGB bei gemeinschaftlichen Testamenten nur bzgl. der bindend gewordenen Verfügungen.
Ein Anspruch nach § 2287 BGB besteht daher nicht, wenn der verstorbene Ehegatte dem Überlebenden durch eine Vorbehaltsklausel das Recht eingeräumt hatte, den Schlusserben beeinträchtigende Verfügungen zu treffen.
Sachverhalt
Die Parteien sind Brüder und Kinder des 1999 vorverstorbenen Vaters sowie der am 12.10.2004 verstorbenen Mutter. Diese errichteten 1987 ein handschriftliches Testament, das u.a. folgenden Inhalt hatte: "Wir […] setzen uns gegenseitig zu alleinigen Erben ein. […] Der Überlebende von uns Eltern aber soll […] unser kleines Vermögen ggf. auch verbrauchen dürfen. Nach dem Tode des Überlebenden soll unser Nachlass unseren Söhnen A, B und C zu gleichen Teilen zufallen." Als Anlage erteilten sich die Eltern gegenseitig eine so bez. "Generalvollmacht" mit dem Inhalt: "Wir […] erteilen uns gegenseitig Vollmacht (sog. Generalvollmacht) über den Tod hinaus über unser gesamtes Vermögen jedweder Art! Diese Vollmacht soll auch über jeden einzelnen von unserem Tod für den anderen Überlebenden wirksam sein, besonders unseren Söhnen, deren Frauen und […] Kindern gegenüber." Sämtliche Dokumente wurden von dem Vater handgeschrieben und von beiden Eltern mit Orts- und Datumsangabe unterschrieben.
Nach dem Tode des Vaters wurde die Mutter Alleinerbin. Die Parteien machten keine Pflichtteilsansprüche geltend. Im Mai 2003 schenkte die Mutter dem Beklagten 50.000,00 EUR.
Nach dem Tod der Mutter erfuhren die Kläger im Jahr 2006 von der Schenkung und machen jeweils einen Anspruch aus § 2287 BGB i.H.v. 16.666,00 EUR geltend.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und den Klägern jeweils 16.666,00 EUR zzgl. Zinsen zugesprochen. Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten.
Entscheidung
Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Zwar ist § 2287 BGB auf bindend gewordene Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten analog anwendbar, doch liegen dessen Voraussetzungen nicht vor. Da der Schutz des Vertragserben nach § 2287 BGB nicht weiter reicht als die vertragliche Bindung, die der Erblasser mit dem Erbvertrag eingegangen ist, gilt § 2287 BGB bei gemeinschaftlichen Testamenten nur bzgl. der bindend gewordenen Verfügungen.
Bindend wurde vorliegend aber nur, dass die Parteien Schlusserben zu gleichen Teilen werden sollten. Keine Bindung tritt dagegen ein, wenn die Erblasser die Bindung durch eine Vorbehaltsklausel erheblich einschränken und letztwillige Verfügungen des Überlebenden von der vertraglichen Bindung ausdrücklich ausnehmen.
Ein Anspruch nach § 2287 BGB besteht daher nicht, wenn der vorverstorbene Ehegatte dem Überlebenden das Recht eingeräumt hatte, den Schlusserben beeinträchtigende Verfügungen zu treffen. Dies verlangt eine eindeutige Bestimmung der Befugnis im Testament. Vorliegend brachten die Eltern zum Ausdruck, dass sie ihre Söhne "aufgrund ihrer jeweiligen Berufsbilder nicht für wirtschaftlich" zuwendungsbedürftig hielten und der Überlebende das Vermögen sogar verbrauchen dürfe. Darüber hinaus brachten die Eltern auch durch die "Generalvollmacht", die ebenfalls die Formvorschriften der §§ 2247, 2267 BGB erfüllt, deutlich zum Ausdruck, dass die wechselseitigen Vollmachten sich auf das gesamte Vermögen "jedweder Art" beziehen und insbesondere den Söhnen und deren Familien ggü. gelten sollten. Dass diese Generalvollmacht nicht nur die Zugriffsmöglichkeit auch ohne Erbschein sichern sollte, sondern auch jegliche Rücksichtnahme auf die gesetzlichen Erben ausschließen, ergibt sich daraus, dass ansonsten eine Erwähnung der Parteien und ihrer Familien überflüssig gewesen wäre. Hierdurch sollte der Überlebende vor allem vor möglichen Ansprüchen der Söhne geschützt werden.
Die tatsächlich getroffenen Bestimmungen gehen deutlich über das hinaus, was von § 2286 BGB erfasst wird, nämlich die Klarstellung, dass der gebundene testamentarische Erblasser nicht in seinem Recht, über sein Vermögen zu verfügen, beschränkt ist. Gleichzeitig sieht § 2287 BGB dann spätere Ansprüche der Erben gegen den Beschenkten vor.
Dass die Eltern solche Ansprüche, die die gewollte Verfügungsfreiheit wieder eingeschränkt hätten, weil die Mutter immer hätte befürchten müssen, dass der von ihr Bedachte (ggf. sogar Dritte) nach ihrem Tode von den Erben in Anspruch genommen wird, haben ausschließen wollen, ergibt sich aus der deutlichen Betonung, dass über das Vermögen frei und ohne jegliche Rechtfertigung ggü. den Söhnen verfügt werden darf.
Durch die Schenkung konnte auch keine durch § 2287 BGB geschützte Erberwartung enttäuscht werden, da die Erben angesichts der uneingeschränkten Verfügungsbefugnis der Mutter nicht damit rechnen konnten, überhaupt etwas zu erben.
Auch die bindend festgelegte Erbquote wurde durch die Schenkung nicht beeinflusst. Daher fehlt es an einer Benachteiligung der Klä...