Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftliches Testament: Beeinträchtigende Schenkung bei Berechtigung des Überlebenden zu lebzeitigen Verfügungen durch eine Vorbehaltsklausel. gemeinschaftliches Testament. Schenkung. Vorbehaltsklausel

 

Leitsatz (amtlich)

Der dem Vertragserben nach § 2287 BGB zukommende Schutz reicht nicht weiter als die vertragliche Bindung, die der Erblasser mit dem Erbvertrag eingegangen ist. Daher gilt § 2287 BGB bei gemeinschaftlichen Testamenten nur bezüglich der bindend gewordenen Verfügungen. Keine Bindung tritt ein, wenn die Erblasser die Bindung durch eine Vorbehaltsklausel erheblich einschränken und lebzeitige Verfügungen des Überlebenden von der vertraglichen Bindung ausdrücklich ausnehmen. Ein Anspruch nach § 2287 BGB besteht daher nicht, wenn der verstorbene Ehegatte dem Überlebenden das Recht eingeräumt hatte, den Schlusserben beeinträchtigende Verfügungen zu treffen.

 

Normenkette

BGB §§ 2286-2287

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 21.05.2008; Aktenzeichen 1 O 288/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21.5.2008 verkündete Urteil des LG Limburg - Az. 1 O 288/07 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Sachverhalt (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)

Die Parteien sind Brüder. Sie sind die Kinder der verstorbenen Eheleute X und Y. Die Eltern der Parteien errichteten am 23.7.1987 handschriftlich ein Testament, das auszugsweise folgenden Inhalt hatte: "Wir, die Eheleute X und Y setzen uns gegenseitig zum alleinigen Erben ein. Von unseren Erben (Söhnen) erwarten wir für diese unsere Anordnung Verständnis. Sie haben alle eine Berufsausbildung und üben eine Tätigkeit aus, die es ihnen ermöglichen wird, auf eigenen Füßen im Leben zu stehen. Der Überlebende von uns Eltern aber soll, wenn die Umstände das nicht zunichte machen, möglichst unabhängig zu Ende leben, hoffentlich nicht den Söhnen zur Last fallen und unser kleines Vermögen gegebenenfalls auch verbrauchen dürfen. Nach dem Tode des Überlebenden soll unser Nachlass unseren Söhnen A, B und C zu gleichen Teilen zufallen.

Als Anlage zu dem Testament vom 23.7.1987 erteilten sich die Eltern der Parteien gegenseitig eine als solche überschriebene Generalvollmacht mit folgendem Inhalt: "Wir ... erteilen uns gegenseitig Vollmacht (sog. Generalvollmacht) über den Tod hinaus über unser gesamtes Vermögen jedweder Art! Diese Vollmacht soll auch über jeden einzelnen von unserem Tod für den anderen Überlebenden wirksam sein, besonders unseren Söhnen, deren Frauen und deren heutigen und künftigen Kindern gegenüber." Die Generalvollmacht war wie auch das Testament von dem Vater der Parteien handgeschrieben und von diesem sowie der Mutter der Parteien unter Datums- und Ortsangabe unterschrieben worden. Der Vater der Parteien verstarb im Jahr 1999. Die Mutter wurde Alleinerbin, Pflichtteilsansprüche haben die Parteien nicht geltend gemacht. Nach dem Tod des Vaters erhielt der Kläger zu 2) von der Mutter der Parteien ein Darlehen i.H.v. 60.000 DM. Im Mai 2003 schenkte die Mutter der Parteien dem Beklagten 50.000.

Die Mutter verstarb am 12.10.2004. Nachdem die Kläger im Jahr 2006 von dem Geschenk der Mutter an den Beklagten erfahren hatten, machten sie gegen diesen einen Anspruch aus § 2287 BGB geltend. Diesen beziffern sie mit jeweils 16.666,00.

Im Übrigen ist der Nachlass zwischen den Parteien schon verteilt worden. Die Kläger haben behauptet, die Schenkung der Mutter der Parteien sei in Benachteiligungsabsicht erfolgt. Die Mutter habe das nach dem Tod des Vaters bindend gewordene gemeinschaftliche Testament umgehen und dem Beklagten eine von der Quote abweichende und für ihn günstigere Verteilung des Nachlasses zukommen lassen wollen. Was das Darlehen angehe, das die Mutter der Parteien dem Kläger zu 2) gewährt habe, so habe der Beklagte auf Ausgleichsansprüche ggü. dem Kläger zu 2) verzichtet.

Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 16.666 zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 4.11.2006 und an den Kläger zu 2) 16.666 zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 23.12.2006 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat eingewandt, das Geschenk von 50.000 sei anlässlich seines 60. Geburtstages erfolgt. Er habe seine Mutter in den vergangenen Jahren in besonderer Weise unterstützt und habe für ihre medizinische Versorgung Sorge getragen. Der Beklagte hat mit seinem Darlehensrückzahlungsanspruch ggü. dem Kläger zu 2), auf den er nicht verzichtet habe, die hilfsweise Aufrechnung erklärt.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Ab...

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