Leitsatz

Die gerichtliche Ersetzung von Eigentümerbeschlüssen über die Jahresabrechnung und über Sonderumlagen kommt nicht in Betracht, wenn inhaltliche Beanstandungen der Beschlußvorlage gegeben sind und es nicht ausgeschlossen erscheint, daß nach Behebung der Mängel eine erneute Beschlußfassung in der Gemeinschaft erfolgreich ist.

 

Sachverhalt

Auf einer Eigentümerversammlung sollte über eine Sonderumlage sowie die Jahresabrechnung beschlossen werden. Wenige Monate zuvor war die Zwangsverwaltung über die Wohnungen eines Eigentümers angeordnet und der Konkurs eröffnet worden.

Da die Zwangsverwalterin zu der Eigentümerversammlung nicht eingeladen worden war, wurde die Versammlung - nunmehr auch unter Anwesenheit der Zwangsverwalterin - eine Woche später abgehalten, die entsprechenden Beschlüsse kamen wegen des Stimmenverhältnisses von 3 : 3 nicht zustande, weil die Zwangsverwalterin gegen die Beschlußinhalte stimmte.

Die übrigen Wohnungseigentümer begehren nunmehr die gerichtliche Ersetzung der Beschlüsse über die Genehmigung der Sonderumlage und der Jahresabrechnung.

 

Entscheidung

Erfolglos - die gerichtliche Ersetzung von Wohnungseigentümerbeschlüssen kann nur letztes Mittel sein. Denn die gerichtliche Ersetzung von Eigentümerbeschlüssen über die Jahresabrechnung und über Sonderumlagen kommt nicht in Betracht, wenn inhaltliche Mängel der Beschlußvorlage gegeben sind und es nicht ausgeschlossen erscheint, daß nach Behebung der Mängel eine erneute Beschlußfassung in der Gemeinschaft erfolgreich ist.

Da die gerichtliche Ersetzung von Entscheidungen der zunächst zur Regelung berufenen Gemeinschaft subsidiär - also nachrangig - ist, müssen besondere Voraussetzungen erfüllt sein, um einen derartigen staatlichen Eingriff in die Selbstverwaltungsbefugnis der Eigentümergemeinschaft rechtfertigen zu können. Zunächst muß im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren alles versucht werden, auf einer erneuten Eigentümerversammlung die entsprechenden Mehrheitsverhältnisse herbeizuführen. Ein derartiges und sog. Vorschaltverfahren ist nur dann entbehrlich, wenn aufgrund besonderer Umstände feststeht, daß das Begehren des antragstellenden Miteigentümers in einer Eigentümerversammlung mit Sicherheit keine Mehrheit gefunden hätte.

Bei der entscheidenden Abgrenzung nun, wann die Bemühungen der Eigentümergemeinschaft erschöpft sind und die Gestaltung durch das Gericht beginnt, sind auch formelle Unzulänglichkeiten im Zusammenhang mit der erfolglos versuchten Beschlußfassung der Eigentümer zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall war jedenfalls die Einladungsfrist deutlich zu knapp. Weiter hatte die Zwangsverwalterin, die mit den Verhältnissen der Wohnanlage noch nicht hinreichend vertraut war, die Aufstellung der Kontostände und Rücklagen nicht mit der Einladung, sondern erst in der Versammlung erhalten. Insoweit lagen also Einladungsmängel vor, die auf einer erneuten Eigentümerversammlung durch rechtzeitige Versendung der erforderlichen Unterlagen vermieden werden und Grundlage einer erneuten Beschlußfassung durch die Wohnungseigentümer sein können.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 03.03.1999, 24 W 3566/98

Fazit:

Dem sog. Vorschaltverfahren bei ergebnisloser Beschlußfassung kommt große Bedeutung zu. Die Entscheidung macht dabei deutlich, daß eine gerichtliche Ersetzung von Wohnungseigentümerbeschlüssen nur dann in Betracht kommt, wenn seitens der Eigentümergemeinschaft alles versucht wurde, erforderliche Mehrheitsverhältnisse herbeizuführen.

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