Leitsatz
In einem Scheidungsverbundverfahren war gleichzeitig mit der Ehescheidung die Folgesache Versorgungsausgleich durchzuführen. Nach Verkündung des Urteils im Verhandlungstermin zur Scheidung und zur Folgesache Versorgungsausgleich verzichteten beide Parteivertreter auf Rechtsmittel, Anschlussrechtsmittel, auf erweiterte Aufhebung gem. § 629c ZPO sowie auf schriftliche Abfassung von Tatbestand und Entscheidungsgründen.
Das Urteil zur Scheidung wurde daraufhin gekürzt gem. § 313a ZPO abgefasst, während zur Folgesache Versorgungsausgleich von Gesetzes wegen eine Begründung abzugeben war.
Nach Abschluss des Verfahrens folgte eine Auseinandersetzung über die Höhe der von der Kostenbeamtin des erstinstanzlichen Gerichts angesetzten Gerichtskosten.
Sachverhalt
Das AG hatte den Streitwert für ein Scheidungsverfahren, in dem über die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich entschieden worden war, auf 8.400,00 EUR für die Ehescheidung und 2.000,00 EUR für die Folgesache Versorgungsausgleich festgesetzt. Nach Verkündung des Urteils hatten beide Parteivertreter Rechtsmittelverzicht erklärt sowie auf schriftliche Abfassung von Tatbestand und Entscheidungsgründen verzichtet.
Die Kostenbeamtin des FamG hat die Gerichtskosten ausschließlich aus der KV-Nr. 1311 zum GKG aus dem Streitwert i.H.v. 10.400,00 EUR als ermäßigte Verfahrensgebühr (0,5) i.H.v. 109,50 EUR angesetzt. Hiervon hatten beide Parteien jeweils den hälftigen Betrag zu tragen.
Hiergegen hat der Bezirksrevisor beim AG Erinnerung eingelegt und beantragt, die Kostenrechnungen der Kostenbeamtin aufzuheben und eine 2,0 Gebühr gem. KV-Nr. 1310/§ 46 GKG aus 10.400,00 EUR anzusetzen. Eine Gebührenermäßigung von 2,0 auf 0,5 komme nur dann in Betracht, wenn das gesamte Verfahren, also das Scheidungsurteil einschließlich der Folgesache Versorgungsausgleich unter Anwendung von § 313a Abs. 2 ZPO beendet wird, also auch für die mit dem Scheidungsurteil zugleich anhängig gemachten Folgesachen das Scheidungsurteil keine Begründung enthält. Nachdem das Scheidungsurteil zugleich zum Versorgungsausgleich eine Begründung enthielt, sei für den Ansatz einer ermäßigten Verfahrensgebühr keine Raum.
Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Die zuständige Richterin des AG hat die Kostenrechnungen der Kostenbeamtin dahingehend abgeändert, dass eine 2,0 Verfahrensgebühr für die Folgesache Versorgungsausgleich aus einem Streitwert von 2.000,00 EUR und eine 0,5 Verfahrensgebühr für das Scheidungsurteil aus einem Streitwert von 8.400,00 EUR berechnet wurden.
Hiergegen hat die Staatskasse weitere Erinnerung eingelegt, die zurückgewiesen wurde. Hiergegen wurde gem. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG die Beschwerde zugelassen. Von diesem Rechtsmittel hat der Bezirksrevisor beim AG Nürnberg Gebrauch gemacht und damit das Ziel seiner ursprünglichen Erinnerung verfolgt, nämlich die Berücksichtigung von zwei Gebühren gem. KV-Nr. 1310/§ 46 GKG aus 10.400,00 EUR anzusetzen.
In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Entscheidung
Nach dem Wortlaut der KV-Nr. 1311 ist eine Ermäßigung der Verfahrensgebühr für die Scheidung selbst nur vorgesehen, wenn zugleich das gesamte Verbundverfahren einen oder mehrere Ermäßigungstatbestände erfüllt. Eine Gebührenermäßigung, wie sie bislang nach der früheren Abrechnungsweise nach KV-Nr. 1517 a.F. eintrat, ohne dass zugleich auch der Versorgungsausgleich in Rechtskraft erwächst, käme danach nicht mehr in Betracht. Die Folge wäre damit zwangsläufig, dass sich ein Scheidungsverfahren gegenüber der früheren Rechtslage in diesen Fällen erheblich verteuert, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann und auch nicht gewollt war.
Eine solche durch die neue Gebührenregelung geschaffene Rechtslage würde eine nicht unerhebliche Verteuerung solcher Scheidungsverfahren mit sich bringen, was dem offenkundigen Grundanliegen des Gesetzgebers widerspricht, nämlich eine abschließend Gesamtbereinigung eines Verfahrens im Wege eines so genannten Stuhlurteils gem. § 313a Abs. 2 ZPO gebührenrechtlich zu honorieren. Damit hat nach Auffassung des OLG die Kostenbeamtin zu Recht die ermäßigte Verfahrensgebühr von 0,5 aus KV-Nr. 1311 Ziffer 2. entnommen.
Da allerdings für die Folgesache Versorgungsausgleich stets eine Begründung im Urteil erforderlich ist, kann sich diese Gebührenermäßigung nicht auf das gesamte Scheidungsverfahren inklusive Folgesache Versorgungsausgleich erstrecken, sondern es müssen hierzu die entsprechenden Teilstreitwerte herangezogen werden. Das OLG vertrat die Auffassung, dass die Gebührenermäßigung sich ausschließlich auf die Scheidung erstreckt, während die Folgesache Versorgungsausgleich keinen Ermäßigungstatbestand erfüllt, somit getrennt aus ihrem Streitwert die "normale" Verfahrensgebühr anzusetzen ist. Das OLG hielt die Auffassung des AG im Anschluss an Keske, Handbuch des Fachanwaltes, 5. Aufl., Kap. 17 Rz. 168, für zutreffend und schloss sich insoweit der Begründung des AG an.
Link zur Entscheidung
OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.10.2005, 7 WF 1...