Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Zur Abgrenzung Bauherrengemeinschaft/(werdende) Eigentümergemeinschaft und hier speziell zur Frage der Gerichtszuständigkeit für Zahlungsansprüche eines Eigentümers gegen den Treuhänder und Baubetreuer
Normenkette
§ 43 WEG, § 46 Abs. 1 WEG, § 36 Nr. 6 ZPO, § 17a Abs. 4 GVG, §§ 705ff. BGB
Kommentar
In einer Schadenersatzklage eines Eigentümers gegenüber dem früheren Treuhänder und Baubetreuer der im Bauherrenmodell erstellten Anlage (ebenfalls jetziger Miteigentümer) erklärte sich das angegangene Landgericht (ordentliche Gerichtsbarkeit) trotz Widerspruchs beider Parteien für unzuständig und gab den Rechtsstreit mit Beschluss gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 WEG an das örtlich zuständige Amtsgericht als Wohnungseigentumsgericht ab. Dieses lehnte ebenfalls mit Beschluss die Übernahme des Rechtsstreits ab und gab die Akten zur Entscheidung über die Zuständigkeit nach § 36 Nr. 6 ZPO an das OLG, welches diese dem BayObLG weiterleitete.
Den Kompetenzkonflikt entschied das BayObLG dahingehend, dass ein offensichtlich unrichtiger Abgabebeschluss des Prozessgerichts an das Wohnungseigentumsgericht nicht bindend sei. Zwar könne man nicht mehr von einer Unanfechtbarkeit der Abgabeentscheidung des Landgerichts an das Amtsgericht gemäß § 46 WEG ausgehen ( so BGHZ 97, 287, 289), da in Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom 17. 12. 1990 (BGBl I S. 2809) nach neugefaßtem § 17a GVG nunmehr in Abs. 4 S. 3 allgemein die sofortige Beschwerde gegen Verweisungsbeschlüsse in einen anderen Rechtsweg vorgesehen sei.
Die §§ 17 bis 17d GVG seien auch entsprechend für das Verhältnis zwischen streitiger und freiwilliger Gerichtsbarkeit anwendbar. Im vorliegenden Fall sei allerdings die Frist für die sofortige Beschwerde abgelaufen, ohne dass eine Partei gegen den Beschluss des Landgerichts Rechtsmittel eingelegt habe. Auch der Beschluss des Amtsgerichts, mit dem die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt wurde, wäre nach § 45 Abs. 1 WEG anfechtbar gewesen, ohne dass eine Partei innerhalb dieser Frist für die sofortige Beschwerde diese Entscheidung angefochten habe. Dem landgerichtlichen Beschluss komme jedoch aus offensichtlichen Unrichtigkeitsgründen keine Bindungswirkung zu.
Neu als zuständig bestimmt wurde das Landgericht - ordentliche Gerichtsbarkeit. Zahlungsansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Treuhänder und Baubetreuer der Bauherrengemeinschaft, der die Eigentumswohnanlage errichtet habe, wegen zweck- und treuwidriger Verwendung eingezahlter Beträge seien nämlich auch dann im streitigen Verfahren vor dem Prozessgericht geltend zu machen, wenn der Treuhänder und Baubetreuer ebenfalls Eigentümer sei (geworden sei). Vorliegend hätten die Bauherren allein die Miteigentumsanteile am Grundstück erworben. Hinsichtlich der Erstellung der Wohnanlage seien die Bauherren und Grundstücksmiteigentümer in einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts nach § 705 BGB (Zweckgesellschaft) gestanden, die über Treuhandvertrag und Vollmacht den Baubetreuungsvertrag und die typischen weiteren Verträge für die Errichtung des Bauwerks als Bauherrengemeinschaft abgeschlossen habe. Hier habe ein Treuhänder und Baubetreuer gerade nicht als (künftiger) Wohnungseigentümer, sondern aufgrund besonderer Einzelverträge Erstellungspflichten übernommen und hierfür auch gesonderte Vergütung von den Bauherren erhalten.
Damit sind klägerseits vorliegend Ansprüche geltend gemacht, die allein aus der Tätigkeit des Beklagten als Treuhänder und Baubetreuer entstanden sind, und zwar jedenfalls überwiegend zu einem Zeitpunkt, in dem Mindestvoraussetzungen für die Annahme einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft noch nicht vorlagen.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 06.06.1991, AR 2 Z 44/91)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren