Leitsatz

  • Zuständigkeitsstreit zwischen Amtsgericht (Wohnungseigentumsgericht) und Landgericht (Prozessgericht); Kompetenzkonflikt

    Wohngeldzahlungsansprüche gegen einen noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Wohnungskäufer gehören nicht vor das Wohnungseigentumsgericht

 

Normenkette

§ 36 Nr. 6 ZPO, § 17a Abs. 4 GVG, § 577 ZPO, § 329 ZPO, § 43 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

1. Bei einem negativen Kompetenzkonflikt ( § 36 Nr. 6 ZPO) zwischen einem AG als Wohnungseigentumsgericht und einem LG als Prozessgericht ist auch der Zurückweisungsbeschluss des LG an das AG mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

2. Der Beklagte hatte hier eine Wohnung von einer Firma gekauft; im Kaufvertrag war vereinbart, dass die Lasten mit Abschluss des Kaufvertrages auf den Käufer übergehen. Der Käufer wurde jedoch nie als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Die Wohnung wurde zwangsversteigert und einem Dritten zugeschlagen. Die Verkäufer-Firma trat behauptete Ansprüche auf Wohngelderstattung usw. an die Kläger ab. Die Kläger beantragten beim AG (Wohnungseigentumsgericht), den Beklagten auf entsprechende Zahlung zu verurteilen. Das AG verwies den Streit nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss an das örtlich und sachlich zuständige LG (Prozessgericht). Das LG erklärte sich mit weiterem Beschluss für örtlich und sachlich unzuständig und verwies den Streit an das Wohnungseigentumsgericht zurück. Dieses legte die Akten dem BayObLG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor.

3. In Zuständigkeitsstreitigkeiten ist hier analog § 36 Abs. 6 ZPO das BayObLG zur Entscheidung berufen. Für eine entsprechende Gerichtsbestimmung fehlen allerdings vorliegend die gesetzlichen Voraussetzungen. Es fehlte eine rechtskräftige Unzuständigkeitserklärung des Prozessgerichts (LG); der Zurückweisungsbeschluss des LG unterliegt in analoger Anwendung von § 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) der sofortigen Beschwerde nach § 577 ZPO (BayObLGZ 94, 60/62). Der Beschluss des LG hätte somit nach § 329 Abs. 3 ZPO den Parteien förmlich zugestellt werden müssen. Die hier nur erfolgte formlose Mitteilung hat die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht in Gang gesetzt. Bei einem nicht verkündeten Beschluss, der nach § 329 Abs. 3 ZPO zugestellt werden müsste, aber den Parteien nur formlos mitgeteilt wurde, beginnt in entsprechender Anwendung von § 516 ZPO die Frist für die sofortige Beschwerde nach § 577 ZPO5 Monate nach formloser Bekanntgabe (BayObLG, NJW-RR 92, 597); diese Frist ist noch nicht abgelaufen.

4. Hat der Käufer einer Wohnung, der nie im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wird, im notariellen Kaufvertrag die Bezahlung des Wohngeldes ab Besitzübergang übernommen, ist das Wohnungseigentumsgericht zur Entscheidung über eine Streitigkeit, die auf den notariellen Kaufvertrag gestützt wird, nicht zuständig. Zuständig ist das Prozessgericht, weil keine Ansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis von Eigentümern geltend gemacht werden. Der Beklagte war hier nie Eigentümer. Der geltend gemachte Anspruch hat seine Rechtsgrundlage allein in dem schuldrechtlichen Vertrag zwischen der Verkäufer-Firma und dem Beklagten. Eine Haftung des Beklagten nach § 16 WEG hat nie bestanden.

5. Im übrigen ist die formell rechtskräftige Verweisung des AG durch Beschluss für das LG bindend; der amtsgerichtliche Beschluss erging nach Anhörung der Prozessparteien und war auch nicht willkürlich oder offensichtlich unrichtig.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 04.12.1997, 2Z AR 92/97)

zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren

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