Dr. Christian Schlottfeldt
Die Arbeitsvergütung des geringfügig Beschäftigten richtet sich grundsätzlich nach der der Vollzeitbeschäftigten. Ihm steht ein der verringerten Arbeitszeit entsprechender Anteil zu (sog. "pro-rata-temporis"-Grundsatz). Auch Tarifparteien sind an diese gesetzliche Vorgabe gebunden und können geringfügig Beschäftigte nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund von einer Leistung oder dem gesamten Tarifvertrag ausnehmen. Eine solche Befugnis ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 1 TzBfG (sog. Tariföffnungsklausel).
Bei der Vereinbarung der Arbeitsvergütung für geringfügig Beschäftigte sind zudem die Vorgaben des Mindestlohngesetzes (MiLoG) zu beachten. Die zentrale Regelung bildet § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG, der den seit dem 1.1.2015 geltenden Mindestlohn ab 1.1.2024 i. H. v. 12,41 EUR (bis 31.12.2023: 12,00 EUR) pro Stunde vorschreibt, soweit nicht höhere branchenspezifische Mindestlöhne gelten. Dabei ist grundsätzlich jede Arbeitsstunde im Sinne des Arbeitszeitgesetzes einzubeziehen. Der Mindestlohnanspruch besteht also auch für Arbeitszeiten im Rahmen von Bereitschaftsdiensten, in denen sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhält (z. B. Schlafbereitschaft in einer Betreuungseinrichtung), nicht aber für Zeiten der reinen Rufbereitschaft, die arbeitszeitgesetzlich als Ruhezeit zu bewerten sind. Der Mindestlohn von 12,41 EUR ab 1.1.2024 (bis 31.12.2023: 12,00 EUR) muss dabei nicht auf jede einzelne Arbeitsstunde "heruntergerechnet" werden. Da der Mindestlohn grundsätzlich monatlich fällig ist, reicht es aus, dass der Lohn für die vom Arbeitnehmer monatlich geleisteten Arbeitsstunden insgesamt den Mindestlohn nicht unterschreitet.
Der Mindestlohn ist zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit bzw. spätestens am letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, fällig. Abweichungen sind gemäß § 2 Abs. 2 MiLoG nur auf der Grundlage schriftlich vereinbarter Zeitkontenregelungen zulässig; eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung ist als Grundlage ausreichend. Die auf einem Zeitkonto verbuchten Arbeitsstunden müssen dabei innerhalb von 12 Monaten durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns ausgeglichen werden, soweit der Anspruch auf den Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden nach § 1 Abs. 1 MiLoG nicht bereits durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist. Konkret bedeutet das, dass für Arbeitnehmer, die auf Mindestlohnbasis vergütet werden, Plusstunden im Zeitkonto innerhalb von maximal 12 Monaten durch "Abbummeln" oder Auszahlung abgebaut werden müssen. Unabhängig von den mindestlohngesetzlichen Bestimmungen ist die Einhaltung der vereinbarten Arbeitszeit innerhalb eines Jahres für geringfügig Beschäftigte dabei in der Regel schon aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen erforderlich. Auf ein solches Zeitkonto dürfen monatlich jedoch nur jeweils maximal 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit (auf Monatsbasis) eingestellt werden, soweit es sich nicht um Wertguthaben im Sinne des SGB IV handelt. Dies ist insbesondere beim flexiblen Einsatz geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer als Aushilfen zur Urlaubsvertretung oder als "Springer" zu beachten. Soweit der Stundenlohn des Arbeitnehmers über dem Mindestlohn liegt, können entsprechend der Überschreitung monatlich auch mehr als 50 % der Monatsarbeitszeit eingestellt werden.
Schwankende Arbeitszeit bei geringfügig Beschäftigten
Ein geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer wird (ab 2024) auf Basis des Mindestlohns von 12,41 EUR mit einem Monatslohn von 538 EUR beschäftigt (bis 31.12.2023 Obergrenze 520 EUR). Die sich daraus ergebende Arbeitszeit beträgt (bei gleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf alle Monate) 43,35 Stunden pro Monat (538 EUR/Monat : 12,41 EUR/Stunde = 43,35 Stunden/Monat). Im Arbeitsvertrag ist die Führung eines Zeitkontos vereinbart.
Der tatsächliche Einsatz des Arbeitnehmers erfolgt variabel entsprechend den jeweiligen Bedarfen des Arbeitgebers. Dabei darf der Arbeitgeber für den geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer pro Monat jedoch maximal 21,67 Plusstunden auf dem Zeitkonto verbuchen (50 % x 43,35 Stunden Soll-Arbeitszeit = 21,67 Stunden). Eventuell darüber hinausgehende Stunden müssen spätestens bis zum Ende des Folgemonats durch Freizeitnahme "abgebummelt" oder (im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsbestimmungen) ausgezahlt werden.
Vereinbarungen, die den Mindestanspruch unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken, sind insoweit nach § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam. Ein einseitiger Verzicht des Arbeitnehmers auf den entstandenen Mindestlohnanspruch ist ausschließlich nach § 3 Satz 2 MiLoG durch gerichtlichen Vergleich zulässig, in allen anderen Fällen unzulässig. Wird durch vertragliche Vereinbarungen die Höhe des Mindestlohns unterschritten und liegt daher ein Verstoß gegen das Mindestlohngesetz vor, ist im Wege der geltungserhaltenden Reduktio...