Normenkette

§ 48 Abs. 3 WEG, § 14 Abs. 3 KostO, § 31 Abs. 3 KostO

 

Kommentar

1. Für die Finanzierung einer Balkonsanierung wurde eine Sonderumlage in Höhe von insgesamt DM 2 Mio beschlossen. In gleicher Versammlung wurde auch die Sanierung selbst beschlossen (unter Hinweis auf erwartete Kosten zwischen DM 2,35 Mio und DM 2,5 Mio). Der Sonderumlagebeschluss wurde von einem Eigentümer angefochten mit der Argumentation, für die notwendigen Sanierungsmaßnahmen seien die Mittel der Instandhaltungsrücklage in Höhe von ca. DM 350.000,- ausreichend.

Das AG setzte den Geschäftswert auf DM 2 Mio fest, nachdem der Antragsteller seinen Anfechtungsantrag zurückgenommen hatte. Die dagegen eingelegte Geschäftswertbeschwerde, mit der der Antragsteller den Wert auf DM 24.821,- festgesetzt sehen wollte (entsprechend seinem Anteil an der beschlossenen Sonderumlage), wurde vom LG als unbegründet zurückgewiesen.

2. Im vorliegenden Fall richtet sich der Geschäftswert nicht nach dem Anteil des Antragstellers an der beschlossenen Sonderumlage. Wegen der Rechtskraftwirkung der von ihm angestrebten Entscheidung für alle Beteiligten kommt es auf das Interesse sämtlicher Beteiligter an. Hier hat der Antragsteller vorgetragen, dass eine Sonderumlage überhaupt nicht erforderlich sei. Daraus folgt, dass sich der Wert nach dem Gesamtbetrag der beschlossenen Sonderumlage richtet (hier: DM 2 Mio).

Vorliegend war auch kein niedrigerer Betrag gem. § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG anzusetzen. Zwar mag es sein, dass es bei großen Wohnungseigentümergemeinschaften im Einzelfall angemessen sein kann, für die Wertfestsetzung nicht nur die Kosten der Maßnahme, sondern auch das geringere Einzelinteresse der einzelnen Eigentümer zu berücksichtigen (vgl. z.B. KG Berlin, NJW-RR 88, 14, Geschäftswertansatz auf das 5-fache des wirtschaftlichen Eigeninteresses eines Antragstellers); dem folgt im vorliegenden Fall die Kammer allerdings nicht. Bei der Wertfestsetzung sind sämtliche maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen; eine schematische Lösung verbietet sich. Maßgeblich ist nach Auffassung der Kammer, ob ein einzelner Eigentümer einem unzumutbaren und unangemessenen Kostenrisiko ausgesetzt wird, wenn der Geschäftswert nach den Grundsätzen des § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG festgelegt wird; nur dann ist eine niedrigere Festsetzung angezeigt (vorliegend verneint).

Hier war der Antragsteller im Beschlussanfechtungsverfahren nicht anwaltlich vertreten; gleiches galt für die restlichen Eigentümer; also die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten stand hier also nicht zur Diskussion, zumal im Regelfall hier jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe.

Das Kostenrisiko des anfechtenden Eigentümers bestand somit lediglich darin, dass ihm die Gerichtskosten des Verfahrens nach Anfechtungsrücknahme auferlegt werden; diese belaufen sich auf insgesamt DM 9.330,- (3 Gebühren in Höhe von jeweils DM 3.110,-). Durch die Antragsrücknahme hat der Antragsteller letztlich lediglich eine halbe Gebühr in Höhe von DM 1.055,- zzgl. DM 11,- Zustellauslagen zu tragen, insgesamt also DM 1.066,-. Ein solches Kostenrisiko ist überschaubar und nicht unzumutbar. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller durch dieses Risiko der Zugang zu Gericht erschwert wird und somit eine Reduzierung des Geschäftswerts geboten war.

3. Die Entscheidung erging gerichtsgebührenfrei ohne Kostenerstattung ( § 31 Abs. 3 Satz 2 und 3 KO).

 

Link zur Entscheidung

( LG Wuppertal, Beschluss vom 14.02.2000, 6 T 89/00, mitgeteilt von Verwaltung Büth, Ratingen-Lintorf)

zu Gruppe 7:  Gerichtliches Verfahren

Anmerkung:

Richtig ist, dass sich der Geschäftswert auch eines Beschlussanfechtungsverfahrens nach dem Interesse aller Beteiligten zu richten hat ( § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG). Ein weiter Ermessensspielraum der Gerichte bei dem von Amts wegen festzusetzenden Geschäftswert besteht allerdings bei unverhältnismäßig hohen Kosten und dann ggf. gebotenem, niedrigerem Geschäftswertansatz nach § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG; diese Einschränkung wurde erst mit Kostenrechtsänderungsgesetz vom 24. 6. 1994, in Kraft ab 1. 7. 1994, in das WEG aufgenommen (wohl im Anschluss an entsprechende Rechtsprechung des BayObLG und insbesondere nachfolgend auch des Bundesverfassungsgerichts, um die "Rechtsweggarantie" nicht zu gefährden bzw. zu sehr einzuschränken). Im vorliegenden Fall ging es hier nach Antragsrücknahme tatsächlich nur um Gerichtskosten einer halben Gerichtsgebühr nach Kostenordnung, also um einen vertretbaren Betrag. Ganz anders hätte m.E. das Ergebnis zum angemessenen Geschäftswert ausfallen müssen, wenn auf Antragstellerseite oder auch auf Seiten der Antragsgegner ein Anwalt beauftragt gewesen wäre. Bei einem Geschäftswert von DM 2 Mio beträgt hier eine 10/10 Prozessgebühr DM 9.225,-. Bei solch hohen Anwaltskosten hätte sicher der Wert im Sinne des § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG erheblich niedriger angesetzt werden müssen. Muss hier also bei einer Wertfestsetzung danach entschieden werden, ob ...

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