Leitsatz

Gehört Wohnungseigentum einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705ff. BGB, kann ein einzelner Gesellschafter grundsätzlich nicht allein Beschlüsse anfechten

 

Normenkette

§ 23 WEG, § 43 WEG, §§ 705ff. BGB, §§ 741ff. BGB, § 1011 BGB, § 62 ZPO

 

Kommentar

Das Antragsrecht nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG steht jedem zu, der bei Antragstellung Wohnungseigentümer ist; bei einer Mehrheit von Berechtigten ist die Rechtsform, in der sie als Wohnungseigentümer verbunden sind, dafür maßgebend, ob jeder einzeln oder alle gemeinschaftlich das Antragsrecht besitzen (h. R. M.; a. A. Ziege, NJW 2185/2188 und wohl auch Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl. § 43 WEG Rn. 12 b). Bei der BGB-Gesellschaft steht die gesamthänderische Bindung im Vordergrund, die durch § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG nicht beseitigt wird. Nach § 709 Abs. 1 BGB können Gesellschafter (falls nichts anderes vereinbart ist) die Geschäfte der Gesellschaft nur gemeinschaftlich führen, mithin auch nur gemeinschaftlich eine Forderung einklagen und somit entsprechend einen Eigentümerbeschluss anfechten. Hält die hierzu berufene Geschäftsführung die Anfechtung eines Beschlusses nicht für geboten, so ist es - wie auch sonst - Sache der Gesellschafter in ihrer Gesamtheit, die Geschäftsführung zu einer für notwendig gehaltenen Anfechtung zu bewegen. Der Druck von Fristen (wie z. B. die Monatsfrist des § 23 Abs. 4 WEG) rechtfertigt es nicht, dem einzelnen Gesellschafter das Recht einzuräumen, für die Gesellschaft tätig zu werden.

Bei Bruchteilseigentum ( §§ 741ff. BGB) ist die Rechtslage anders; hier können Beteiligte einen Eigentümerbeschluss allein anfechten (h. M.). § 1011 BGB ist jedoch nicht auf die in Gesamteigentum stehende GbR anwendbar.

Das vom BGH bei bürgerlich-rechtlichen Gesellschaften im Ausnahmefall bejahte Einzelklagerecht eines Gesellschafters (BGH Z 39, 14/16; 102, 152/154) ist für den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil bewusst gesellschaftswidriges Verhalten im Zusammenwirken mit anderen Wohnungseigentümern weder dargetan noch ersichtlich ist. Die Mitglieder einer GbR bilden als Kläger im Zivilprozeß eine notwendige Streitgenossenschaft ( § 62 Abs. 1 ZPO, 2. Anwendungsfall), weshalb die Klage einzelner Gesellschafter nicht statthaft ist. Das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kennt nun das Institut der notwendigen Streitgenossenschaft nicht. Dies vermag aber nichts daran zu ändern, dass dem materiellen Recht zu entnehmen ist, ob bei einer Mehrheit von Berechtigten jeder einzeln oder alle gemeinschaftlich ein Antragsrecht haben.

Eine Antragsbefugnis des Mitgesellschafters und Antragstellers ergibt sich auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 744 Abs. 2 BGB (Notgeschäftsführung des Bruchteilsgemeinschafters). Auch ein solcher Fall liegt hier nicht vor, ist auch vom Sachverhalt her weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Anfechtungsfrist einen Monat beträgt, rechtfertigt eine Befugnis zur Notgeschäftsführung nicht. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist grundsätzlich über ihre Geschäftsführung handlungsfähig.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 27.09.1990, BReg 2 Z 47/90= BayObLG Z 1990 Nr. 54 = NJW-RR 91, 213, 215)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Da es natürlich in Gesellschaften bürgerlichen Rechts als im Grundbuch eingetragenen Eigentümern organisatorisch oftmals kaum möglich sein dürfte (zumal dann, wenn die Geschäftsführung gemäß § 709 Abs. 1 BGB allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zusteht und nicht gemäß § 710 BGB einem Gesellschafter allein im Vertrag übertragen wurde), die kurze 1-monatige Beschlussanfechtungsfrist zu wahren (oftmals zu kurz für die Herbeiführung einer internen entsprechenden Entscheidung aller Gesellschafter), könnte ich mir allein eine mögliche Vereinbarung in einer Gemeinschaftsordnung vorstellen, welche Zustellungsempfangsrechte, Stimmrechte und dann auch Antragsrechte zu Gunsten einzelner oder eines einzelnen BGB-Gesellschafters festschreibt. An gesamtschuldnerischer Wohngeldhaftung der Gesellschafter ändert sich dadurch nichts. Besteht hier eine Vereinbarung, die letztlich das Innenverhältnis der Gesellschaft betrifft, hielte ich eine solche Vereinbarung in einer Gemeinschaftsordnung auch im Verhältnis zu den anderen Miteigentümern für zulässig, ohne darin einen Verstoß gegen § 43 Abs. 4 WEG erkennen zu können.

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