Leitsatz
Eine ausgesprochene Befreiung von der Krankenversicherungspflicht als Arbeitnehmer bleibt wirksam, auch wenn zwischenzeitlich wegen der Höhe des Arbeitsentgeltes kraft Gesetzes Krankenversicherungsfreiheit bestanden hatte. Wird geltend gemacht, dass eine Befreiung zu Unrecht ausgesprochen worden war, kann der Befreiungsbescheid nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden.
Der klagende Arbeitnehmer stritt mit der Krankenkasse über die Erfüllung der Vorversicherungszeit (Mitgliedschaftszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung) für die beitragsgünstige Krankenversicherungspflicht als Rentner. Er war in der Vergangenheit auf Antrag von der Versicherungspflicht als Arbeitnehmer wegen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) befreit worden und seither privat krankenversichert gewesen. Der Kläger hat geltend gemacht, dass die Befreiung überhaupt zu Unrecht erfolgt war und (hilfsweise) dass die Befreiung ihre Wirksamkeit verloren hatte, nachdem er zwischenzeitlich wegen der Höhe seines Arbeitsentgeltes ohnehin krankenversicherungsfrei gewesen sei. Demzufolge seien weitere Zeiten seiner Beschäftigung als Mitgliedschaftszeiten in der gesetzlichen Krankenversicherung zu berücksichtigen.
Anders die Ansicht des BSG: Die Zeiten sind nicht zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob die Befreiung zu Recht oder Unrecht ausgesprochen worden war.
War die Befreiung zu Recht ausgesprochen worden, so war der Kläger des durchgängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht krankenversicherungspflichtig gewesen, als sein Entgelt unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag. Die Befreiung hatte ihre Wirkung auch nicht wegen Krankenversicherungsfreiheit verloren. Der "stärkere" gesetzliche Versicherungsfreiheitstatbestand verdrängt nicht den "schwächeren" Versicherungsfreiheitstatbestand der Befreiung und die unwiderrufliche Befreiung wird (wieder) wirksam, wenn gesetzliche Versicherungsfreiheit nicht mehr besteht.
Eine evtl. zu Unrecht ausgesprochene Befreiung kann nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden. Dafür spricht die ständige Rechtsprechung, dass die Beurteilung von Versicherungsverhältnissen grundsätzlich nicht rückwirkend geändert werden solle, zumal der Kläger dieses hier lediglich formal geltend machte, um daraus für sich günstige Rechtsfolgen für die Zukunft abzuleiten.
Link zur Entscheidung
BSG, Urteil vom 08.12.1999, B 12 KR 12/99 R
Praxishinweis: Der Arbeitgeber kann einen ihm vorgelegten Befreiungsbescheid bei einem durchgängigen Arbeitsverhältnis daher als auch für die Zukunft maßgebend ansehen und muss sich bei Veränderungen der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder der Lohnhöhe nicht vergewissern, ob und in wieweit die Befreiung noch Bestand hat.