Leitsatz
Der am 16.4.1996 geborene minderjährige Kläger nahm seinen Vater auf Unterhaltszahlungen i.H.v. 247,00 EUR monatlich ab 1.12.2006 in Anspruch. Seine Eltern waren geschieden. Er lebte in dem Haushalt seiner Mutter. Außer ihm lebte dort noch der am 14.5.1991 geborene weitere Sohn seiner Mutter und der am 2.12.1993 geborene Sohn des Beklagten, dessen Mutter bei der Geburt verstorben war.
Der Beklagte und die gesetzliche Vertreterin des Klägers lebten seit dem 2.1.2004 getrennt.
Der Beklagte war gelernter Dreher. Bis April 2004 war er als Rollladenmonteurhilfe tätig. Diese Tätigkeit übte er noch in der Zeit vom 15.10. bis zum 3.11.2006 aus. Dieses Arbeitsverhältnis wurde während der Probezeit gekündigt. In dem streitigen Unterhaltszeitraum war der Beklagte durchgängig arbeitslos.
Er berief sich auf seine Leistungsunfähigkeit. Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme konnte er in seinem Beruf nicht mehr arbeiten.
Erstinstanzlich wurde der Beklagte nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu seinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen antragsgemäß verurteilt. Das FamG hat in seiner Unterhaltsberechnung ein erzielbares Nettoeinkommen i.H.v. 1.200,00 EUR zugrunde gelegt. Die von dem Beklagten belegten Erwerbsbemühungen hat es als nicht ausreichend angesehen.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Beklagte Berufung ein.
Sein Rechtsmittel hatte nur für die Zeit ab Mai 2007 teilweise Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt den Beklagten ab Mai 2007 für jedenfalls teilweise leistungsfähig.
Er sei für die von ihm behauptete Leistungsunfähigkeit aufgrund seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gemäß § 1603 BGB darlegungs- und beweispflichtig. Konkrete Erwerbsbemühungen habe er weder nach Quantität noch nach Qualität ausreichend belegt. Das FamG habe daher eine Unterhaltsberechnung zu Recht aufgrund fiktiver Leistungsfähigkeit vorgenommen.
Im Rahmen der Feststellung der fiktiven Leistungsfähigkeit sei auf die von dem Beklagten zumutbarerweise erzielbaren Einkünfte abzustellen (vgl. OLG Hamm FamRZ 1998, 982).
Die Zumutbarkeit fiktiv erzielbarer Einkünfte sei dabei insbesondere unter Berücksichtigung der körperlichen Beeinträchtigungen des Beklagten zu beurteilen, wie sie sich aus dem Sachverständigengutachten ergäben. Dem Beklagten sei nach den Feststellungen des Sachverständigen zumutbar, auf Dauer vollschichtig Erwerbstätigkeiten zu verrichten, die in entspannter und selbst gewählter Sitzhaltung erfolgten, ohne dass bei der Sitzhaltung mit den Füßen Pedale oder Stellhebel bedient werden müssten. Danach seien für ihn vielfältige Tätigkeitsfelder eröffnet.
Auch der akut eingetretene Bandscheibenvorfall führe nicht zu einer Leistungsunfähigkeit des Beklagten. Im Hinblick auf die unzureichenden Erwerbsbemühungen des Beklagten seit Beginn seiner Arbeitslosigkeit im Mai 2004 müsse unterstellt werden, dass der Beklagte bei Entfaltung der gebotenen Bemühungen und nach Aufforderung zur Unterhaltszahlung jedenfalls ab Ende 2005 eine Arbeit in den von dem Sachverständigen dargestellten Arbeitsbereichen gefunden hätte. In diesem Fall hätte er zunächst Lohnfortzahlung und sodann Krankengeld über einen Zeitraum von ca. 1 Jahr und 8 Monaten bezogen, so dass der fiktive Krankengeldbezug im vorliegenden Unterhaltszeitraum noch nicht beendet und eine Leistungsfähigkeit grundsätzlich gegeben wäre.
Im Rahmen der Unterhaltsberechnung sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte nicht nur Vater des Klägers, sondern eines weiteren Sohnes sei. Wegen des Vorversterbens der Mutter dieses Sohnes müsse er auch für dessen Betreuungsunterhalt aufkommen, weshalb im Ergebnis dessen Unterhaltsbedarf zu verdoppeln sei.
Auf diesen Bedarf sei nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2006, 3421 ff.) die Halbwaisenrente und das gesamte Kindergeld bedarfsdeckend in Abzug zu bringen.
Nach Abzug dieser Leistungen sei der Unterhaltsbedarf des Sohnes K. nur teilweise gedeckt, es verbleibe ein offener Bedarf von 322,00 EUR.
Da der Beklagte auf Zahlung von Unterhalt für den weiteren Sohn bislang nicht in Anspruch genommen sei, könne dieser bei der Berechnung des Unterhalts für den Kläger erst ab Mai 2007 berücksichtigt werden.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil vom 12.06.2007, 3 UF 23/07