Leitsatz
1. Rechnet der Vermieter nicht fristgerecht über die Nebenkosten ab, so kann der Mieter bei beendetem Gewerberaummietverhältnis die Rückzahlung der Nebenkostenvorauszahlungen verlangen (im Anschluss an BGH, Urteil v. 9.3.2005, VIII ZR 57/04, GE 2005 S. 543 für Wohnraum).
2. Der Anspruch auf Rückzahlung der Nebenkostenvorauszahlungen wird fällig, wenn die Abrechnungsfrist erfolglos abgelaufen ist und das Mietverhältnis beendet ist. Die Entstehung und die Durchsetzbarkeit des Rückzahlungsanspruchs sind nicht davon abhängig, dass noch ein fälliger und durchsetzbarer Anspruch auf Erteilung der Nebenkostenabrechnung besteht.
(amtlicher Leitsatz des Gerichts)
Normenkette
BGB § 556
Kommentar
1 Der Fall
Zwischen den Parteien bestand ein gewerbliches Mietverhältnis, das am 30.6.2007 beendet wurde. Nach den vertraglichen Vereinbarungen hatte der Mieter Vorauszahlungen auf die Nebenkosten zu bezahlen; der Vermieter hatte hierüber abzurechnen. Allerdings hat der Vermieter während der Mietzeit keine Abrechnungen erteilt. Im April 2008 hat der Mieter Klage auf Rückzahlung der Nebenkostenvorauszahlungen erhoben. Gegenstand der Klage sind Vorauszahlungen, die bis in das Kalenderjahr 1997 zurückreichen. Das KG hatte zu entscheiden, ob dem Mieter von Gewerberaum nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Rückzahlungsanspruch zusteht, wenn der Vermieter keine Nebenkostenabrechnung erteilt, und ob ein eventueller Anspruch der Verjährung unterliegt.
2 Rückerstattung der Vorauszahlungen bei Wohn- und Gewerberaummiete
Für die Wohnraummiete hat der BGH entschieden, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die vollständige Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen verlangen kann, wenn der Vermieter nicht fristgerecht über die Betriebskosten abrechnet; der Mieter ist nicht gehalten, zuerst auf Erteilung der Abrechnung zu klagen (BGH, Urteil v. 9.3.2005, VIII ZR 57/04, NJW 2005 S. 1499). Ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung vertritt die Ansicht, dass dieser Grundsatz auch beim gewerblichen Mietverhältnis gilt (OLG Düsseldorf, Urteil v. 8.5.2008, I-10 U 8/08, ZMR 2008 S. 890; Urteil v. 29.6.2009, I 24 U 11/09, ZMR 2010 S. 437). Auch das KG teilt diese Auffassung. Dies trifft zu, weil der BGH seine Entscheidung nicht mit den Besonderheiten des Wohnraummietrechts begründet hat.
3 Verjährungsbeginn bei Mietende
Zwischen der Klageerhebung im April 2008 und dem Zeitpunkt der Zahlung der Nebenkosten im Jahr 1997 liegen ca. 11 Jahre. Dies führt zu der Frage, wann Rückforderungsansprüche der fraglichen Art verjähren. Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB); sie beginnt gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Das KG weist darauf hin, dass der Rückforderungsanspruch erst nach Beendigung des Mietverhältnisses entsteht; deshalb beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem das Mietverhältnis endet. Das war vorliegend der 3.12.2007. Im Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2008 war die Verjährung also noch nicht abgelaufen.
Auch ein Fall der Verwirkung liege nicht vor, weil das danach erforderliche Zeitmoment grundsätzlich nicht kürzer sein kann als die Verjährungsfrist.
4 Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs
Der Vermieter hat die Ansicht vertreten, dass auch der Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Abrechnung der Verjährung unterliegt und dass eventuelle Rückforderungsansprüche jedenfalls nach Verjährung des Abrechnungsanspruchs erlöschen. Hierzu führt das KG aus, dass die eventuelle Verjährung des Abrechnungsanspruch mit dem Rückforderungsanspruch nichts zu tun hat. Der Vermieter sei nämlich nicht gehindert, über die Nebenkosten abzurechnen und sich so seinen Anspruch auf die Nebenkosten zu erhalten.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Urteil v. 22.3.2010, 8 U 142/09, ZMR 2010 S. 600