Leitsatz

a) Der Vermieter von Geschäftsräumen ist zur Abrechnung über die Nebenkosten, auf die der Mieter Vorauszahlungen geleistet hat, innerhalb einer angemessenen Frist verpflichtet. Die Frist endet regelmäßig zum Ablauf eines Jahres nach Ende des Abrechnungszeitraums.

b) Die Abrechnungsfrist ist keine Ausschlussfrist. § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, der für die Wohnraummiete den Ausschluss von Betriebskostennachforderungen anordnet, die der Vermieter später als zwölf Monate nach Ablauf des Abrechnungszeitraums verlangt, ist auf die Geschäftsraummiete nicht analog anwendbar.

c) Für die Annahme einer konkludenten Änderung des Umfangs der vereinbarten Nebenkosten reicht es nicht aus, dass der Vermieter einzelne vereinbarte Nebenkostenpositionen über längere Zeit nicht abgerechnet hat. Vielmehr bedarf es hierfür weiterer Anhaltspunkte.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

BGB § 556

 

Kommentar

Die Parteien schlossen im September 1993 einen auf 10 Jahre befristeten Mietvertrag über ein Ladenlokal. In dem Mietvertrag war vereinbart, dass der Mieter neben der Grundmiete anteilig "die Betriebskosten gemäß § 27 der II. Berechnungsverordnung" sowie das "Verwalterhonorar" zu bezahlen hatte. Die Vermieterin war verpflichtet, "einmal jährlich zum Ablauf eines Kalenderjahres" abzurechnen.

Die Nebenkostenabrechnungen wurden ab Vertragsbeginn im September 1993 bis zum Vertragsende im Februar 2004 von wechselnden Hausverwaltungsgesellschaften erstellt. Bis zum Jahr 2001 waren in den Abrechnungen keine Kosten für Allgemeinstrom, Wartung der Heizung, Schädlingsbekämpfung und für die Verwaltung enthalten.

Mit Schreiben vom 23.9.2004 hat die Vermieterin über die Nebenkosten der Jahre 2002 bis Februar 2004 abgerechnet. In diesen Abrechnungen sind auch Kosten für Allgemeinstrom, Wartung der Heizung, Schädlingsbekämpfung und für die Verwaltung aufgeführt. Der BGH hatte sich mit mehreren Grundsatzfragen zu befassen.

1 Abrechnungsfrist

Nach der Vertragsregelung ist über die Nebenkosten kalenderjährlich abzurechnen. Für die Wohnraummiete ist hierzu in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB bestimmt, dass die Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach dem Ende des Abrechnungszeitraums zugehen muss. Die Abrechnung für das Kalenderjahr 2002 ist dem Mieter erst im September 2004 – also nach Ablauf der Frist – zugegangen.

Die Vorschrift des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB gilt allerdings nicht für die Gewerbemiete. Gleichwohl vertritt die h. M. die Ansicht, dass auch der Vermieter von Gewerberaum innerhalb einer angemessenen Frist abrechnen muss und dass zur Bemessung dieser Frist auf die Regelung in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB abzustellen ist (OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.1.2005, I-10 U 105/04, GE 2005 S. 303; OLG Frankfurt/M., Urteil v. 23.4.1999, 24 U 110/97, NZM 2000 S. 186; Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 556 BGB Rdn. 447; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, Rdn. 531; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, Kap. 11 Rdn. 143; Fritz, Gewerberaummietrecht, Rdn. 137a; Weitemeyer in: Staudinger (2006), § 556 Rdn. 104). Der BGH schließt sich dieser Ansicht an. Dies hat zunächst zur Folge, dass der Mieter den Vermieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist auf Erteilung einer Abrechnung in Anspruch nehmen kann. Außerdem steht ihm ein Zurückbehaltungsrecht an den Betriebskostenvorauszahlungen zu.

2 Anwendung der Ausschlussfrist (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB) auf die Gewerbemiete

Für die Wohnraummiete ist in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB außerdem bestimmt, dass die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter im Fall einer Fristüberschreitung ausgeschlossen ist. Dies führt zu der Frage, ob die Regelung des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB auch für die Gewerbemiete gilt. Vereinzelt wird dies bejaht (LG Darmstadt, Urteil v. 12.12.2008, 6 S 182/08, NZM 2009 S. 546; Schmid in: MüKomm, § 556 Rdn. 1), überwiegend aber verneint (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 9.8.2007, I-10 U 66/07, ZMR 2008 S. 206; OLG Köln, Urteil v. 20.10.2006, 1 U 12/06, ZMR 2007 S. 115; Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 556 BGB Rdn. 458; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, Kap. 11 Rdn. 143; Fritz, NJW 2007, S. 887, 889; Weitemeyer in: Staudinger (2006), § 556 Rdn. 106).

Der BGH folgt der herrschenden Ansicht. Eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift scheidet aus, weil § 556 BGB aufgrund der Gesetzessystematik ("Untertitel 2. Mietverhältnisse über Wohnraum") nicht für die Gewerbemiete gilt. Eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht, weil die für die Gewerbemiete maßgebliche Verweisungsregelung (§ 578 Abs. 2 BGB) die Vorschrift des § 556 BGB nicht in Bezug nimmt und dies auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers beruht.

3 Änderung der Umlagevereinbarung durch konkludentes Verhalten

Nach der Vertragsregelung war die Vermieterin berechtigt, "die Betriebskosten gemäß § 27 der II. Berechnungsverordnung" anteilig auf den Mieter umzulegen. Zu diesen Kosten zählen nach der Anlage 3 zu § 27 II. BV auch die Kosten für Allgemeinstrom, Wa...

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