Leitsatz

(Gewerbliche) Vermietung einer Wohnung an ständig wechselnde Personen (Touristen) geht über eine vereinbarte Wohnnutzung hinaus

 

Normenkette

§§ 14, 15 Abs. 3 WEG; § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB

 

Kommentar

  1. Die gewerbliche Vermietung einer Eigentumswohnung an ständig wechselnde Touristen bedarf der Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn im Rahmen der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung reine Wohnnutzung festgeschrieben wurde. Eine solche gewerbliche Nutzung kann nicht mit einer zustimmungsfreien langfristigen Vermietung verglichen werden, da die anderen Wohnungseigentümer schon aufgrund des unüberschaubaren Personenkreises dadurch wesentlich stärker beeinträchtigt werden.
  2. Von einer gewerblichen Nutzung einer Wohnung durch Vermietung ist u. a. dann auszugehen, wenn der Vermieter sich aus der Vermietung eine berufsmäßige Erwerbsquelle verschaffen will und die Vermietung einen Umfang an unternehmerischer Tätigkeit erfordert, der über die übliche Verwaltungsarbeit eines Hauseigentümers hinausgeht. Dies ist der Fall bei pensionsartiger Nutzung einer Wohnung in typisierender Betrachtungsweise (vgl. auch OLG Saarbrücken, ZMR 2006, 554 m.w.N.; KG Berlin, ZMR 1992, 507/508). Ständig wechselnde Bewohner verringern das Sicherheitsgefühl der anderen Wohnungseigentümer und eröffnen das Gebäude für einen unüberschaubaren Personenkreis in atypischer Weise.
  3. Darauf, ob es im vorliegenden Einzelfall zu Störungen oder Beschädigungen des Gemeinschaftseigentums durch die betreffenden, wechselnden Mieter gekommen ist, kommt es bei der vorzunehmenden abstrakten und typisierenden Betrachtungsweise nicht an.
Anmerkung

Dieses Entscheidungsergebnis erscheint mir nicht bedenkenfrei. Der Sachverhalt lässt nicht erkennen, in welchem Wohngebiet die Anlage gelegen ist. In Ferienhausanlagen ist es selbstverständlich zulässig und üblich, eine Wohnung auch jeweils kurzfristig an wechselnde Personen/Familien zu vermieten. An einer Wohnnutzung kraft Vereinbarung ändert sich dadurch nichts, mag auch im Einzelfall bei einem Eigentümer mit mehreren Wohnungen steuerrechtlich von gewerblicher/unternehmerischer Vermietung über eine reine eigene Vermögensverwaltung hinaus gesprochen werden. Auf jeden Fall wird in der Wohnung dadurch noch kein vereinbarungswidriges Gewerbe betrieben. Allein steuerrechtlich kann es also eine Rolle spielen, wenn ein Vermieter pensionsartig mehrere Wohnungen vermietet, insbesondere bei gleichzeitiger Stellung der Bettwäsche, der Handtücher usw.

In größeren Wohnanlagen werden oft auch voll möblierte Kleinwohnungen (Appartements) mit Einbauküche kurzzeitig einige Wochen oder Monate vermietet, ohne von einem hotelmäßigen Gewerbebetrieb in einer Wohnung sprechen zu müssen. Anonymität in einer Wohnanlage muss auch nicht unbedingt als ein negatives Argument herausgestellt werden. Auch Mieter mit langfristigen Mietverträgen können in einer gemischt genutzten Wohnanlage einen Störfaktor darstellen. In typisierender Betrachtung sind bei Ferienwohnungsvermietungen allenfalls – meist kurzfristige Einzugs- bzw. Umzugsbelästigungen anzusprechen; diese Probleme können allerdings in einschränkender Weise in einer Hausordnung geregelt werden.

Ist eine Touristenvermietung im konkreten Fall nicht ausdrücklich in einer Gemeinschaftsordnung eingeschränkt oder ausgeschlossen, kann m.E. nicht abstrakt von Nachteilen solcher Vermietungen selbst an wechselnde Mieter gesprochen werden. Auch in längerfristig abgeschlossenen Mietverhältnissen wissen oft Wohnungseigentümer nicht, welche weiteren Personen in Mietwohnungen aufgenommen werden. Gerade in größeren Anlagen wird der Bewohnerkreis stets nicht gänzlich für jedermann überschaubar sein.

Zu berücksichtigen ist in solchen Fällen auch die verfassungsrechtlich geschützte Eigentümergarantie.

So hat in diesem Fall nach meiner Auffassung auch das LG Berlin als Vorinstanz korrekt entschieden, dass auch diese Vermietungen gesetzeskonform erfolgten und in der Vermietung noch nicht von vornherein eine gewerbliche Nutzung zu sehen sei, welche kraft Vereinbarung hier der Zustimmung des Verwalters bedurft hätte. Ein Pensionsbetrieb in der Wohnung sei nicht erkennbar gewesen. Abzustellen sei vielmehr darauf, ob im Einzelfall Beeinträchtigungen vorlägen oder aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten seien, die mehr störten als bei einer normalen Vermietung bzw. die mit dem Charakter eines Wohnhauses nicht vereinbar erschienen. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall gewesen. Auch gab es in diesem Fall keinerlei Überbelegung der Wohnung. Störungen, die über das normale Maß nachbarschaftlichen Zusammenlebens hinausgingen, seien in diesem Streit auch weder vorgetragen worden noch ersichtlich gewesen.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 31.05.2007, 24 W 276/06, ZMR 5/2008, 406

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