Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung einer Eigentumswohnung an Berlintouristen

 

Normenkette

BGB § 1004 Abs. 1 S. 1; WEG §§ 14-15

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 03.08.2006; Aktenzeichen 85 T 457/05)

 

Tenor

Der Beschluss des LG Berlin vom 3.8.2006 - 85 T 457/05 WEG - wird abgeändert:

Auf die Erstbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG ... vom 21.10.2005 - ... - geändert:

Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, die in seinem

Eigentum stehende Ein-Zimmer-Wohnung mit der Nr. 5 im zweiten Obergeschoss des Objektes ..., ..., gewerblich tage- und/oder wochenweise an Dritte zu vermieten.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten aller drei Instanzen zu tragen.

Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird für keine Instanz angeordnet.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das LG hat die Erstbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG ... vom 21.10.2005, das den Antrag der Antragstellerin auf Unterlassung der tage- und wochenweise gewerblichen Vermietung der Einzimmerwohnung des Antragsgegners abgewiesen hat, zurückgewiesen.

Es hat zur Begründung ausgeführt, dass kein Unterlassungsanspruch gem. § 15 Abs. 3 WEG i.V.m. § 1004 BGB bestehe, da die Vermietung des Sondereigentums zu einer vom Gesetzgeber befürworteten Gebrauchmachung des Sondereigentums zähle. In der Vermietung selbst sei nicht von vornherein eine gewerbliche Nutzung zu sehen, die nach § 7 der Teilungserklärung der Zustimmung durch den Verwalter bedürfe. Ein Pensionsbetrieb oder eine Entsprechung hierzu sei nicht erkennbar. Abzustellen sei vielmehr darauf, ob im Einzelfall Beeinträchtigungen vorliegen oder aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten seien, die mehr stören als bei einer normalen Vermietung oder die mit dem Charakter eines Wohnhauses nicht vereinbar erscheinen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Wohnung werde lediglich bewohnt. Eine Überbelegung finde nicht statt. Allein hinsichtlich der Dauer unterscheide sich die Nutzung von einer herkömmlichen Nutzung. Störungen, die über das normale Maß nachbarschaftichen Zusammenlebens hinausgehen, § 14 Nr. 1 WEG, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde. Zur Begründung führt sie aus, dass die Wohnung gewerblich genutzt werde. Unstreitig fehle die Zustimmung der Verwaltung. Ferner sei die Nutzung unzulässig, da mit ihr Störungen verbunden seien, die das hinzunehmende Maß deutlich übersteigen würden.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. §§ 27, 29 FGG, § 45 Abs. 1 WEG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg, da die Entscheidung des LG auf einer Rechtsverletzung (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG) beruht.

Der in Verfahrensstandschaft für die Gemeinschaft gestellte Antrag der Antragstellerin auf Unterlassung der tage/-wochenweise gewerblichen Vermietung der in der Teilungserklärung mit Nr. 5 bezeichneten, im zweiten Obergeschoss belegenen Wohnung des Antragsgegners an Dritte ist gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 und 2 WEG in Verbindung mit Ziff. 7 Nr. 1 der Teilungserklärung begründet.

Gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sonder- und Teileigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen entspricht. Die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Wohnung durch den Antragsgegner hält sich nicht im Rahmen der durch die Teilungserklärung festgeschriebenen Wohnnutzung und beeinträchtigt die Wohnungseigentümergemeinschaft stärker, als dies bei einer Nutzung entsprechend dem in der Teilungserklärung festgelegten Zweck der Fall wäre.

1. Rechtsfehlerhaft sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass der Antragsgegner die Wohnung nicht gewerblich nutzt. Dies hält unter Zugrundelegung der von der Antragstellerin in den Vorinstanzen vorgelegten Unterlagen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Nach allgemeiner Verkehrsanschauung wird die Vermietung eigenen Wohnungseigentums, auch wenn dem Eigentümer daraus eine Einnahmequelle erwächst, zwar nicht als gewerbliche Tätigkeit angesehen, da es sich üblicherweise nicht um eine selbständige Tätigkeit des Vermieters handelt, sondern um eine im Rahmen der Ausübung seiner Eigentümerrechte fallende allgemein übliche Art der Nutzung seines Wohnungseigentums handelt. Jedoch können im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, nach denen die Betätigung des Vermieters als Ganzes gesehen das Gepräge einer selbständigen, vom Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erhält, hinter der die bloße Nutzung des Vermögens zurücktritt.

Von einer gewerblichen Nutzung der Wohnung durch Vermietung ist u.a. dann auszugehen, wenn der Vermieter sich aus der Vermietung eine berufsmäßige Erwerbsquelle zu verschaffen beabsichtigt und die Vermietung einen Umfang an unternehmerischer Tätigkeit erfordert, der über die üblich...

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