Dr. Hendrik Thies, Meike Kapp-Schwoerer
Zusammenfassung
Die Zahlung auf die Resteinlagenschuld muss dem Vermögen der Gesellschaft vollwertig, unbeschränkt und definitiv zufließen. Für diese Tatsachen trägt der einlagepflichtige Gesellschafter die Beweislast. Der bloße Nachweis des Mittelzuflusses ist nicht ausreichend.
Hintergrund
Der Beklagte hatte seine Gesellschaftsanteile an den neuen Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH veräußert. Der Beklagte hatte die Stammeinlage noch nicht vollständig geleistet. Er musste noch eine Resteinlagenschuld in Höhe von 6.250 Euro erbringen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer derart "desolaten finanziellen Lage", dass er das Geld zur eigenen Lebensführung benötigte und daher den Beklagten um eine Barzahlung bat. Daraufhin übergab der Beklagte dem Gesellschafter-Geschäftsführer die gesamte Restschuld in bar.
Später wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit der Klage verlangt der Kläger die Zahlung der noch ausstehenden Restschuld auf das Stammkapital. Die in bar erbrachten Zahlungen des Beklagten seien nicht endgültig der Gesellschaft zugeflossen und daher als nicht erbracht anzusehen. Das Landgericht gab der Klage statt. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er führt im Wesentlichen an, dass die Resteinlagenschuld mit der Barzahlung wirksam erbracht worden sei. Auch in den Kassenabrechnung und dem Kassenzählprotokoll sei die Bareinzahlung erfasst worden. Ferner könne die Zahlung als Begleichung der Forderung eines Zahlungsanspruchs des Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft angesehen werden, da die Gesellschaft dem Geschäftsführer Geld zur Lebensführung bereitstellen wollte. Auch hierdurch sei die Erfüllung der Resteinlagenschuld bewirkt worden.
Das Urteil des OLG München vom 12.10.2016, Az. 7 U 1983/16
Das OLG München hat die Berufung zurückgewiesen. Zwar seien die Voraussetzungen für die Erfüllungswirkung der Resteinlagenschuld nicht so strikt wie für die Mindesteinzahlung im Gründungsstudium. Gewisse Grundvoraussetzungen müssten dennoch eingehalten werden. Eine Leistung auf die Restschuld der Einlageverpflichtung sei nur dann erfüllungswirksam, wenn sie tatsächlich, vollwertig, unbeschränkt und definitiv dem Vermögen der Gesellschaft zugeflossen sei. Der reine Mittelzufluss an die Gesellschaft genüge nicht. Der Beklagte habe die Erfüllungswirkung vorliegend nicht nachweisen können. Die Beweislast für die erfüllungswirksame Einlageleistung trage nach den allgemeinen Grundsätzen jedoch der einlagepflichtige Gesellschafter. Durch die Übergabe des Bargelds an den mittellosen Geschäftsführer sei es naheliegend, dass die Barmittel unmittelbar diesem zugeflossen seien und nicht der Gesellschaft. Daran ändere auch die Eintragung der Zahlungsflüsse in die Kassenabrechnung nichts. Auch der weitere Vortrag des Beklagten, dass die Barzahlung eine Zahlung der Gesellschaft an den Geschäftsführer zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes darstelle, griff nicht durch. Eine Erfüllungswirkung auf die Einlageschuld käme insoweit nur in Betracht, wenn die Barzahlung ausdrücklich verbunden mit einer Tilgungsbestimmung zur Begleichung einer Drittforderung (Forderung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft) erfolgt sei. Dies habe der Beklagte nicht nachweisen können.
Anmerkung
Das Urteil des OLG Münchens zeigt deutlich, wie wichtig die erfüllungswirksame und nachprüfbare Erbringung von Stammkapitaleinlagen ist. Dabei sind verschiedene Zahlungszeitpunkte zu unterschieden. Die Mindesteinzahlungen auf das Stammkapital (mindestens die Hälfte des Stammkapitals) sind nach § 7 Abs. 2 GmbHG Voraussetzung für die Anmeldung der Gesellschaft und strengen Regelungen unterstellt. Für die wirksame Erbringung der Mindesteinzahlungen ist erforderlich, dass die Einleger ihre Verfügungsmacht endgültig und ohne Beschränkungen oder Vorbehalte aufgegeben haben und der Geschäftsführer über die Einlage verfügen kann. Zudem muss der Geschäftsführer bei der Anmeldung der Gesellschaft versichern, dass die in § 7 Abs. 2 GmbHG bezeichneten Mindestleistungen auf die Geschäftsanteile bewirkt sind und sich diese endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Eine solche Versicherungspflicht gilt für Zahlungen auf die Resteinlageschuld nicht. Dennoch müssen auch hier die aufgestellten Voraussetzungen an eine erfüllungswirksame Zahlung beachtet werden. Für die Praxis bedeutet dies, dass jegliche Zahlungen auf die Stammeinlage gut dokumentiert, unbedingt, vollwertig und vorzugsweise unmittelbar auf das Gesellschafterkonto eingezahlt werden sollten. Denn wird die Zahlung nicht als wirksam anerkannt, sind die Gesellschafter nicht von ihrer Einlagenschuld befreit. Dies hat zur Folge, dass die Gesellschafter, wie hier geschehen, ein weiteres Mal auf die Einlageschuld leisten müssen. Bezüglich ihres zuvor geleisteten Betrages haben sie nur einen Bereicherungsanspruch, der aber bei Insolvenz der GmbH ent...