Tenor

Für Rechtsstreitigkeiten zwischen nichtärztlichen Leistungserbringern und Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung über die Vergütung medizinischer Badeleistungen ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben.

 

Tatbestand

I. Die Kläger, die bereits seit mehreren Jahren eine Praxis für Massagen und medizinische Bäder betrieben und Leistungen, die sie für Versicherte der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse erbracht hatten, mit dieser abgerechnet hatten, gliederten diese Praxis im Juni 1977 einem von ihnen erbauten und gemeinsam bewirtschafteten Kurhaus (einschließlich Hotel, Café und Restaurant) ein. Nachdem die Kläger zuvor nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit gewesen waren, ging nunmehr die Finanzbehörde von einer einheitlich umsatzsteuerpflichtigen gewerblichen Tätigkeit aus. Die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen des südlichen Regierungsbezirkes A., zu der die Beklagte gehört, war bereit, das Kurhaus der Kläger zur Erbringung von Badeleistungen an Kassenmitglieder zuzulassen. Das Angebot dieses Vertrages, nach dessen § 6 für die Vergütung der Leistungen die jeweils zwischen den maßgeblichen Verbänden vereinbarte Gebührenliste einschließlich Mehrwertsteuer gelten sollte, nahmen die Kläger jedoch nicht an, weil sie den Standpunkt vertraten, daß die Kassen auf die jeweiligen Preise der Gebührenliste zusätzlich die Mehrwertsteuer zahlen sollten. Gleichwohl erbrachten die Kläger auch nach der betrieblichen Umstellung Leistungen für Versicherte der Beklagten, die von dieser jeweils nach der genannten Gebührenliste – also ohne Mehrwertsteuer – abgerechnet wurden.

Die Kläger haben vor dem Sozialgericht Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 1.180,83 DM, der der für den Monat Dezember 1979 geschuldeten Mehrwertsteuer entspricht, zu verurteilen sowie die entsprechende Zahlungsverpflichtung für zukünftige Leistungen festzustellen. Das Sozialgericht hat die Klage mangels Rechtswegzuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Das Landessozialgericht hat die Berufung der Kläger mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage als unbegründet abzuweisen sei. Der 8. Senat des Bundessozialgerichts, der über die Revision der Kläger zu befinden hat, hält den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für gegeben, sieht sich jedoch an einer entsprechenden Entscheidung durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, insbesondere durch das Urteil des Kartellsenats vom 1. Juni 1977 (KZR 3/76, BGHZ 69, 59 – Badebetrieb), gehindert. Er hat daher dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes die folgende Frage vorgelegt:

Ist für Rechtsstreitigkeiten zwischen nichtärztlichen Leistungserbringern und Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung über die Vergütung von Massage- und medizinischen Badeleistungen der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben?

 

Entscheidungsgründe

II. Die Vorlage ist zulässig (§ 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes – RsprEinhG – vom 19. Juni 1968, BGBl. I 661).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofes begründen Verträge, in denen sich Leistungserbringer gegenüber den Krankenversicherungsträgern zur Lieferung oder Leistung von Heil- oder Hilfsmitteln verpflichten, bürgerlich-rechtliche Rechtsverhältnisse. Für Streitigkeiten aufgrund solcher Verträge oder für Ansprüche, die auf Abschluß solcher Verträge gerichtet sind, sind daher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die ordentlichen Gerichte zuständig (vgl. BGHZ 36, 91, 93 f – Gummistrümpfe; BGH, Urt. v. 25. Juni 1964 – KZR 11/62, WuW/E 675 – Uhrenoptiker; Urt. v. 12. Mai 1976 – KZR 14/75, GRUR 1976, 600, 601 – Augenoptiker; vgl. ferner das im Vorlagebeschluß angeführte Urteil des Kartellsenats vom 1. Juni 1977 dem eine bindende Verweisung vom Landessozialgericht zugrundelag, siehe BGH NJW 1977, 2121 = GRUR 1977, 744, insoweit nicht in BGHZ 69, 59).

Demgegenüber ist der 8. Senat des Bundessozialgerichts der Auffassung, daß es sich bei dem Ausgangsverfahren um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit der Sozialversicherung handelt, über die die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu entscheiden hätten. Damit besteht zwischen den beteiligten Senaten eine Divergenz in einer für den Ausgangsrechtsstreit entscheidungserheblichen Frage.

III. Der Gemeinsame Senat beantwortet die vorgelegte Rechtsfrage dahin, daß für Rechtsstreitigkeiten zwischen nichtärztlichen Leistungserbringern und Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung über die Vergütung medizinischer Badeleistungen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist. Denn es handelt sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit (§ 13 GVG).

1. Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlichrechtlich ist, richtet sich, wenn – wie hier – eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. ...

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