Rz. 18

Innerhalb der Höchstgrenze des Abs. 5 Satz 1, die auch bei mehrfacher Verlängerung nicht überschritten werden darf, kann das Gericht auf Antrag die Frist verlängern, wenn dies den Umständen nach angemessen ist; dabei gelten die allgemeinen sachlichen Entscheidungskriterien. Über den Antrag nach § 721 Abs. 3 ZPO ist nach Ermessen unter Abwägung der Gläubiger- und Schuldnerinteressen zu entscheiden. Maßgebliche Kriterien der Abwägung sind unter anderem, ob der Schuldner sich während der bewilligten Frist hinreichend um Ersatzwohnraum bemüht hat und ob der Schuldner eine andere Wohnung gefunden hat und so ein Zwischenumzug verhindert werden kann. Auch die Frage, ob eine laufende Nutzungsentschädigung gezahlt wird, kann berücksichtigt werden (LG Mönchengladbach, Beschluss v. 13.2.2020, 4 T 14/20 –, juris). Die Verlängerung der Räumungsfrist setzt ein hinreichendes Bemühen des Mieters um eine neue Wohnung voraus. Der Mieter muss substantiiert darlegen, wann und welche Bemühungen er zur Anmietung neuen Wohnraums – nicht nur im bisherigen Wohngebiet – unternommen hat (AG Eschweiler, ZMR 2021, 532). Hat der zur Räumung verurteilte Mieter nicht substantiiert vorgetragen, dass er sich hinreichend und in zumutbarem Maße um Ersatzwohnraum bemüht habe, so reicht der allgemeine Verweis auf die Einschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht aus, um den strengen Anforderungen bezüglich der Verlängerung einer Räumungsfrist gerecht zu werden (AG Frankfurt, MietRB 2020, 305; vgl. auch: LG Berlin, ZMR 2020, 508; LG Berlin, ZMR 2020, 750). Die Vorlage von vier Wohnungsanzeigen eines einzigen Online-Marktplatzes ist nicht ausreichend (LG Darmstadt, Beschluss v. 28.4.2017, 6 S 65/17 – juris). Bei der Gewährung einer Räumungsfrist sind die besonderen Umstände der Corona-Pandemie zu berücksichtigen (LG München, WuM 2020, 805). Bei einem angespannten Wohnungsmarkt kann die Räumungsfrist zur Beschaffung von Ersatzwohnraum um 3 Monate verlängert werden (LG Berlin, WuM 2016, 317). Eine solche Frist ist auch bei einem 13-jährigen schulpflichtigen Kind des Mieters angemessen (AG Paderborn, ZMR 2020, 851). Hat der Gläubiger dem Schuldner eine bereits abgelaufene gerichtliche Räumungsfrist verlängert und droht diese nun abzulaufen, kommt eine gerichtliche Verlängerung dieser Frist nicht mehr in Betracht. Befindet sich der Mieter in Zahlungsverzug, steht dies in der Regel der Gewährung einer Räumungsfrist entgegen, wenn der Mieter das vertragswidrige Verhalten nach Erlass des Räumungsurteils fortsetzt (LG Berlin, NZM 2020, 715; AG Berlin-Mitte, ZMR 2019, 952). Wenn im Räumungsvergleich eine angemessene über 3-monatige Räumungsfrist vereinbart ist, muss es dem Räumungsschuldner auch in Zeiten der Pandemie möglich sein, als gesunder Single eine Wohnung zu finden (AG Eschweiler, ZMR 2021, 532). Nur im Ausnahmefall wird auf Antrag des Gläubigers eine Verkürzung einer bewilligten Frist in Betracht kommen. Das kann dann der Fall sein, wenn der Gläubiger dem Schuldner – nach der Bewilligung der Räumungsfrist – eine angemessene Ersatzwohnung zur Miete anbietet und dieser davon keinen Gebrauch machen will.

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