1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Vorschriften der §§ 326, 327 ZPO erstrecken in bestimmten Fällen die Rechtskraft von Urteilen in Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Vorerben und einem Dritten bzw. einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten auch auf den Nacherben bzw. den Erben. Da der Nacherbe nicht Rechtsnachfolger des Vorerben (sondern des Erblassers), der Erbe nicht Rechtsnachfolger des Testamentsvollstreckers nach Beendigung der Testamentsvollstreckung ist, beide vielmehr allein Rechtsnachfolger des Erblassers und lediglich Nachfolger in der Verfügungsbefugnis über den Nachlass nach dem Vorerben bzw. dem Testamentsvollstrecker sind, würde § 727 ZPO diese Fälle der Rechtskrafterstreckung (mangels Rechtsnachfolge) nicht erfassen. Die Bestimmung ordnet deshalb die entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 727 ZPO an. Über § 795 ZPO gilt die Bestimmung nicht nur für Urteile, sondern für alle Titel (Schuschke/Walker, § 728 Rn. 1). Die Vorschrift erfasst ebenso wie die des § 727 ZPO alle Vollstreckungstitel. Es findet damit für und gegen den im Titel nicht genannten Nacherben bzw. Erben die Zwangsvollstreckung z. B. auch aus Vollstreckungsbescheiden (§ 796 Abs. 1 ZPO) und Entscheidungen, die einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung anordnen (§§ 929 Abs. 1, 936 ZPO), erst nach der durch die Bestimmung des § 728 ZPO ermöglichten Umschreibung statt. Über die Inbezugnahme durch § 1111 ZPO gilt die Regelung ebenfalls entsprechend im Zusammenhang mit der Erteilung von Vollstreckungsbescheinigungen nach Art. 53, 60 Brüssel Ia-VO (BeckOK/ZPO-Ulrici, § 728 Rn. 1a).
2 Umschreibung bei Nacherbfolge (Absatz 1)
Rz. 2
Die Bestimmung des § 326 Abs. 1 ZPO enthält in 2 Fällen die Erstreckung der Rechtskraft zugunsten des Nacherben: Eine gegen den Vorerben geltend gemachte Klage ist abgewiesen worden; oder: Der Vorerbe hat erfolgreich von einem Dritten die Herausgabe eines der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstands begehrt. In diesen Fällen ist die Nacherbfolge eingetreten (§§ 2100, 2139 BGB), nachdem das von dem Vorerben erstrittene Urteil bereits rechtskräftig gewesen ist. Will nun der Nacherbe aus dem obsiegenden Urteil die Hauptsache (das geht nur im letzten Fall) vollstrecken, kann er die Vollstreckungsklausel auf sich umschreiben lassen.
Rz. 3
Demgegenüber enthält § 326 Abs. 2 ZPO einen Fall der Erstreckung der Rechtskraft zum Nachteil des Nacherben: Der Vorerbe ist mit einer Klage gegen einen Dritten auf Herausgabe eines der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstands, über den der Vorerbe ohne die Zustimmung des Nacherben verfügen durfte, abgewiesen worden. Auch hier muss der Nacherbfall nach Rechtskraft des Urteils eingetreten sein. Will nun der Dritte die Kostenentscheidung aus diesem Titel gegen den Nacherben vollstrecken, kann er die Vollstreckungsklausel auf sich umschreiben lassen.
Rz. 4
Die Nacherbfolge muss eingetreten sein (§§ 2106, 2139 BGB). Der Eintritt der Nacherbfolge und die Voraussetzungen der Rechtskrafterstreckung nach dem § 326 ZPO sind, soweit sie nicht offenkundig sind, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Dabei wird die Nacherbfolge in der Regel durch einen dem Nacherben für den Fall der Nacherbschaft erteilten Erbschein erbracht. Die Voraussetzungen des § 326 ZPO können durch die Prozessakten (Streitgegenstand, Rechtskraft pp.) sowie die Nachlassakten (befreiter Vorerbe oder nicht) erbracht werden (siehe hierzu BGHZ 84, 196).
3 Umschreibung für den Erben nach Beendigung der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers (Absatz 2 Satz 1)
Rz. 5
Die Bestimmung regelt ausschließlich, unter welchen Voraussetzungen ein für oder gegen den Testamentsvollstrecker erwirkter Titel für oder gegen den/die Erben vollstreckbar ausgefertigt werden kann. Die Urteile aus den seitens des Testamentsvollstreckers geführten Aktivprozessen über seiner Verwaltung unterliegende Rechte (§§ 2205, 2212 BGB) wirken auch zugunsten des Erben. Ihm kann eine den Titel auf ihn überschreibende Klausel aber erst nach Beendigung der Verwaltung des Testamentsvollstreckers erteilt werden (Stein/Jonas/Münzberg, § 728 Rn. 6). Gleiches gilt für obsiegende Urteile aus Passivprozessen des Testamentsvollstreckers über Nachlassverbindlichkeiten, soweit dieser prozessführungsbefugt war (§ 2213 BGB). Auch der Kostenerstattungsanspruch betrifft hier den Nachlass. Will nun der Erbe diesen Anspruch nach Beendigung der Testamentsvollstreckung geltend machen, kann er den Titel auf sich umschreiben lassen. Die Erbenstellung wird hierbei in der Regel durch den Erbschein nachgewiesen. Eine auf die Rückseite der mit einem Testamentsvollstreckervermerk versehenen Erbscheinsausfertigung gesetzte Ausfertigung eines Beschlusses des Nachlassgerichts, dass die Testamentsvollstreckung beendet sei, ist ohne Rücksicht darauf, ob dem Erben die Beendigung der Testamentsvollstreckung richtigerweise durch Einziehung des unrichtig gewordenen Erbscheins und Erteilung eines neuen Erbscheins ohne Testamentsvollstreckervermerk zu bescheinigen wäre, als nach §§ 727, 728 ZPO verwertbare öffentliche Urkunde über die Beendigung der Verwaltung des Testamentsvollstreckers anzusehen (KG Berlin, NJW-RR 1987, 3). Bei d...