1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Für diejenigen Gläubiger des Bestellers eines Vermögens- oder Nachlassnießbrauchs (§§ 1085, 1089 BGB), deren Anspruch bereits vor der Bestellung des Nießbrauchs rechtskräftig festgestellt ist, sieht die Bestimmung eine wesentliche Erleichterung im Vergleich zu der Regelung in § 737 ZPO vor. Unter den genannten Voraussetzungen wird der Duldungstitel gegen den Nießbraucher dadurch ersetzt, dass eine vollstreckbare Ausfertigung des gegen den Besteller ergangenen Leistungsurteils mit einer Klausel erteilt wird, die die Vollstreckbarkeit in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände (nicht aber in das persönliche Vermögen des Nießbrauchers) bescheinigt. Damit erweitert die Bestimmung die Titelumschreibung nach § 727 ZPO, indem sie den Gläubigern mit einem persönlichen Anspruch auf eine Geld- oder Sachleistung zugute kommt (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 738 Rn. 1). Anders als bei einer Umschreibung, die im Falle der Nießbrauchsbestellung nach Rechtshängigkeit des Anspruchs, aber vor Rechtskraft des Urteils möglich ist, braucht der mit dem Nießbrauch belastete Gegenstand nicht streitbefangen (§ 265 ZPO) zu sein. Bedeutung erlangt die Bestimmung deshalb vor allem für Geldforderungen. Lautet nämlich der Titel auf Herausgabe einer konkreten Sache und erstreckt sich der später bestellte Nießbrauch auch auf diese Sache, so bedarf es nicht der entsprechenden Anwendung des § 727 ZPO, da der Nießbraucher insoweit Rechtsnachfolger des Bestellers im Sinne des § 325 ZPO ist und folglich die Bestimmung des § 727 ZPO unmittelbar anwendbar ist.
Rz. 2
Die Bestimmung findet auch auf andere Titel als Urteile Anwendung (§§ 794, 795 ZPO). Bei nicht der Rechtskraft fähigen Titeln kommt es auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung an. Besteht der Nießbrauch an einer Erbschaft (§ 1089 BGB), kann der gegen den Erblasser erwirkte Titel ebenfalls unter den genannten Voraussetzungen mit der ergänzenden Klausel versehen werden (§ 738 Abs. 2 ZPO).
2 Das Verfahren der Klauselerteilung
Rz. 3
Zur umschreibenden Vollstreckungsklausel müssen zunächst die allgemeinen Voraussetzungen der Erteilung einer Klausel vorliegen. Weiterhin muss nach der rechtskräftigen Titulierung eines Anspruchs ein Nießbrauch an einem Vermögen oder einer Erbschaft dinglich bestellt worden sein (OLG Zweibrücken, Rpfleger 2005, 612). Die Klausel erteilt der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 12 RPflG). Im Verfahren gelten die §§ 727, 730 bis 732 ZPO entsprechend (Zöller/Seibel, § 739 Rn. 3). An dem Verfahren ist der Nießbraucher als Vollstreckungsschuldner zu beteiligen. Sind die entsprechenden Tatsachen nicht offenkundig, hat der Gläubiger durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden die Nießbrauchsbestellung am Vermögen (der Erbschaft), ihren Zeitpunkt sowie denjenigen der Rechtskraft des Titels gegen den Schuldner nachzuweisen (PfälzOLG Zweibrücken, ZErb 2005, 251 = InVo 2005, 365 = Rpfleger 2005, 612). Nicht nachzuweisen ist, welche Gegenstände zum Vermögen des Bestellers gehören (Zugehörigkeit) und mit einem Nießbrauch belastet sind. Ist bei der Belastung nur einzelner Gegenstände allerdings fraglich, ob sie in Wahrheit das gesamte Vermögen ausmachen oder nicht, muss der Gläubiger im Zweifel nach § 731 ZPO auf Erteilung der Klausel klagen. Die Klausel lautet im Allgemeinen: "Vorstehende Ausfertigung wird dem Gläubiger ... gegen ... zur Duldung der Zwangsvollstreckung in die seinem Nießbrauch unterliegenden, zum Vermögen/Nachlass des ... gehörenden Gegenstände erteilt."
3 Rechtsbehelfe – Gebühren – Kosten
Rz. 4
Vgl. Vorbemerkung zu den §§ 724 bis 734 ZPO, Rn. 12 bis 19.
4 Muster – Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen Nießbraucher
Rz. 5
An das
Amtsgericht
Az.: ...
In Sachen
X ./. Y
überreiche ich in der Anlage die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils vom ... gegen den ... (Besteller des Nießbrauchs) und beantrage namens und in Vollmacht des Klägers (Gläubigers), diesem eine vollstreckbare Ausfertigung des nämlichen Urteils gegen Herrn ... als Nießbraucher zur Duldung der Zwangsvollstreckung in die seinem Nießbrauch unterliegenden, zum Vermögen des Beklagten gehörenden Gegenstände zu erteilen.
Zum Nachweis der Nießbrauchsbestellung und ihres Zeitpunktes füge ich notarielle Urkunde vom ... und zum Nachweis des Zeitpunktes des Eintritts der Rechtskraft des Urteils Rechtskraftzeugnis vom ... bei.
gez. Rechtsanwalt