Rz. 1

Die Bestimmung ist durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29.7.2009 (BGBl 2009 I S. 2258 ff.) mit Wirkung vom 1.1.2013 geändert worden. Damit wird ihr Zweck, die Festlegung der Rechte und Pflichten des Gerichtsvollziehers gegenüber seinem Auftraggeber nicht geändert, sondern lediglich klarstellend erläutert und moderat ergänzt. Zwischen dem beauftragenden Gläubiger und dem Gerichtsvollzieher wird durch § 754 ZPO kein dem Zivilrecht zuzuordnendes Dienst- oder Auftragsverhältnis begründet. Die dienstliche Tätigkeit des Gerichtsvollziehers ist ausschließlich dem öffentlichen Recht zugeordnet (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 753 Rn. 13), auch wenn sie im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner auch zivilrechtliche Ergebnisse zeitigt (Begründung von Pfandrechten, Erfüllung usw.). Durch die Bestimmung wird klargestellt, dass der Gerichtsvollzieher im Rahmen seiner Amtstätigkeit den titulierten Anspruch nicht nur zwangsweise beitreiben darf, sondern dass er auch freiwillige Leistungen des Schuldners auf die titulierte Schuld annehmen, über das aufgrund der freiwilligen Leistungen Erlangte dem Schuldner mit Wirkung für den Gläubiger Quittung erteilen und dem Schuldner nach der freiwilligen Erfüllung der titulierten Verbindlichkeit, ohne die Zustimmung des Gläubigers hierzu einholen zu müssen, die vollstreckbare Ausfertigung aushändigen darf. Die Bestimmung findet ihre Anwendung nur auf den Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan, nicht auch auf andere Vollstreckungsorgane (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 754 Rn. 4). Sie geht im Grunde auf die früher vertretene Auffassung zurück, der Gerichtsvollzieher handele als (privatrechtlicher) Vertreter des Gläubigers (BGHZ 179, 298 = NJW 2009, 1085 = DGVZ 2009, 77 = MDR 2009, 466). Nach heute einhelliger Auffassung handelt der Gerichtsvollzieher – auch im Bereich der Entgegennahme freiwilliger Leistungen – als hoheitlich handelndes Organ der Zwangsvollstreckung (BGH, a. a. O.; NJW-RR 2004, 788).

 

Rz. 2

Der Auftrag kann schriftlich oder auch mündlich erteilt werden. Der schriftlich erteilte Auftrag bedarf grundsätzlich der eigenhändigen Unterschrift des Auftraggebers oder seines Vertreters (Bevollmächtigten, zuletzt: AG Wuppertal, DGVZ 2018, 169; AG Ludwigsburg JurBüro 2017, 384; AG Charlottenburg DGVZ 2016, 12); eine eingescannte Unterschrift dürfte ausreichend sein, jedenfalls wenn es sich um ein elektronisches Dokument handelt (BGH, DGVZ 2005, 94; a. A. LG Ingolstadt, DGVZ 2003, 39; zum Meinungsstand über das Erfordernis einer Unterschrift vgl. die Rechtsprechung zum Formular nach der GVFV § 753 Rn. 14). Mit Zugang des auf die Durchführung der Zwangsvollstreckung gerichteten Verfahrensantrags (vgl. BGH, Beschluss v. 27.4.2016, VII ZB 63/14, juris) beim Gerichtsvollzieher wird zwischen diesem und dem Antragsteller ein Rechtsverhältnis begründet. Abweichend vom Gesetzeswortlaut "Vollstreckungsauftrag" kommt dabei kein bürgerlich-rechtliches Auftragsverhältnis zustande. Der Gerichtsvollzieher übt ihm Rahmen des "Vollstreckungsauftrags" als selbstständiges Organ der Rechtspflege eine hoheitliche Tätigkeit aus (BGH, MDR 2016, 379; NJW-RR 2009, 658). Im Rahmen des Auftrags hat der Gerichtsvollzieher zunächst die Zulässigkeit desselben zu prüfen. Diese Prüfung umfasst insbesondere die Feststellung, dass eine beweiskräftige vollstreckbare Ausfertigung übergeben wurde (LG Neubrandenburg, Beschluss v. 25.4.2019, 2 T 36/19, juris). Soweit eine Vollstreckungsklausel nicht erforderlich ist, genügt nach h. M. anstelle des Vorliegens einer vollstreckbaren Ausfertigung der Besitz der einfachen Ausfertigung (vgl. BeckOK/ZPO-Ulrici, § 754 Rn. 3.1). Der Vollstreckungsauftrag erstreckt sich im Zweifel auf die gesamte im Vollstreckungstitel genannte Forderung (LG Berlin, DGVZ 1986, 153; LG Koblenz, DGVZ 1982, 77). Der Gerichtsvollzieher ist berechtigt, die Ausführung des erteilten Zwangsvollstreckungsauftrages abzulehnen, wenn der Vertreter des Gläubigers trotz entsprechender Aufforderung weder eine Geldempfangsvollmacht vorlegt, noch eine Bankverbindung mitteilt (AG Lehrte, DGVZ 2008, 29). Im Scheck- oder Wechselverfahren muss sich der Gerichtsvollzieher von dem Gläubiger die Originalurkunde geben lassen, damit er diese dem Schuldner quittiert aushändigen kann (LG Hannover, DGVZ 1991, 142). Nach der Neufassung der Vorschrift mit Wirkung zum 1.3.2005 durch das Justizkommunikationsgesetz ist nun auch die Auftragserteilung auf elektronischem Weg zulässig. Auf die Übergabe einer vollstreckbaren Ausfertigung in Papierform kann dagegen bis zur Einführung eines elektronischen Vollstreckungsregisters nicht verzichtet werden.

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