3.1 Allgemeines
Rz. 11
Durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung wurde der bisherige Text des § 755 ZPO in den neuen Absatz 2 übernommen. Die Vorschrift soll nach der Begründung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 16/13432 S. 42, 43) klarstellen, dass die Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung an den Gerichtsvollzieher diesem auch bestimmte materiell-rechtliche Befugnisse gegenüber dem Schuldner und Dritten verleiht.
3.2 Grundsatz – Zweck
Rz. 12
Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels weist aus, dass der Gerichtsvollzieher in gerade dieser Zwangsvollstreckungssache als solcher tätig sein darf. Auf Verlangen hat der Gerichtsvollzieher deshalb den Titel vorzuzeigen (§ 31 Abs. 5 GVGA). Kann er sich nicht durch den Titel ausweisen, darf der Gerichtsvollzieher keine Vollstreckungsmaßnahmen vornehmen. Gleichwohl vorgenommene Maßnahmen allerdings sind nicht deshalb nichtig, sondern – wird der Titel nicht nachgereicht – lediglich anfechtbar. Nur in den Fällen, in denen der Gerichtsvollzieher überhaupt nicht im Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung ist und gleichwohl die Zwangsvollstreckung betrieben hat, sind die Vollstreckungsmaßnahmen nichtig (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 755 Rn. 16). Bei Vollstreckungstiteln, die keiner Klausel bedürfen, genügt der Besitz der einfachen Ausfertigung. Zur Person kann sich der Gerichtsvollzieher mit seinem Dienstausweis ausweisen (§ 5 GVO).
3.3 Umfang der Legitimationswirkungen
Rz. 13
Der Gläubiger muss die von § 755 ZPO erfassten Handlungen des die vollstreckbare Ausfertigung besitzenden Gerichtsvollziehers auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er überhaupt keinen oder nur einen beschränkten Auftrag erteilt hat (Satz 2). Ist der Auftrag durch Rücknahme erloschen, der Gerichtsvollzieher aber noch im Besitz des Titels, so kann der Schuldner, selbst wenn er Kenntnis von der Rücknahme hat, noch an den Gerichtsvollzieher zahlen. Der Gerichtsvollzieher bleibt dann zur Ablieferung des Geldes an den Gläubiger und zur Herausgabe des Titels an den Schuldner verpflichtet. Auch wenn der Gläubiger nur einen Teilauftrag erteilt hat, kann der Schuldner die gesamte Leistung an den Gerichtsvollzieher erbringen (Schuschke/Walker, § 755 Rn. 2). Der Gerichtsvollzieher darf sie nicht ablehnen. Das Risiko des Verlustes dieser Mehrleistung beim Gerichtsvollzieher trägt der Gläubiger in entsprechender Anwendung des § 815 Abs. 3, 819 ZPO. Umgekehrt hat der Schuldner eine über den Auftrag hinausgehende Zwangsvollstreckung zu dulden und kann den Mangel des Antrags lediglich im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO geltend machen. Für das Verhältnis von Gläubiger und Gerichtsvollzieher gilt Satz 2 nicht. Der Gläubiger kann sich dementsprechend dem Gerichtsvollzieher gegenüber darauf berufen, er habe keinen oder einen nur eingeschränkten Auftrag erteilt. Erleidet der Gläubiger dadurch einen Schaden, dass der Gerichtsvollzieher nach außen hin wirksam den ihm erteilten Auftrag überschritten hat, haftet der Dienstherr u. U. nach Art. 34 GG, § 839 BGB wegen einer Amtspflichtverletzung.
Rz. 14
Auch wenn der Gläubiger nur einen Teilauftrag erteilt hat, kann der Schuldner die gesamte Leistung an den Gerichtsvollzieher erbringen (Schuschke/Walker, § 755 Rn. 2). Der Gerichtsvollzieher darf sie nicht ablehnen. Das Risiko des Verlustes dieser Mehrleistung beim Gerichtsvollzieher trägt der Gläubiger in entsprechender Anwendung des § 815 Abs. 3, 819 ZPO. Umgekehrt hat der Schuldner eine über den Auftrag hinausgehende Zwangsvollstreckung zu dulden und kann den Mangel des Antrags lediglich im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO geltend machen. Für das Verhältnis von Gläubiger und Gerichtsvollzieher gilt Satz 2 nicht. Der Gläubiger kann sich dementsprechend dem Gerichtsvollzieher gegenüber darauf berufen, er habe keinen oder einen nur eingeschränkten Auftrag erteilt. Erleidet der Gläubiger dadurch einen Schaden, dass der Gerichtsvollzieher nach außen hin wirksam den ihm erteilten Auftrag überschritten hat, haftet der Dienstherr u. U. nach Art. 34 GG, § 839 BGB wegen einer Amtspflichtverletzung.