1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Vorschrift ergänzt § 762 ZPO und schreibt die vollständige Protokollierung von Aufforderungen und sonstigen Mitteilungen vor, die der Gerichtsvollzieher in Durchführung der Zwangsvollstreckung (also nicht vor dem Beginn und nach dem Ende derselben) an einen (anwesenden) Beteiligten mündlich zu richten hat (Abs. 1). Anwesende Beteiligte können der Schuldner, der Gläubiger oder ein von ihm bevollmächtigter Vertreter und ausnahmsweise auch ein von der Zwangsvollstreckung betroffener Dritter sein. Kann die Mitteilung wegen der Abwesenheit der Person nicht mündlich ergehen, dann ist sie der nämlichen Person schriftlich zuzustellen oder durch die Post zu übersenden (Abs. 2 Satz 1). Die Vorschrift dient ausschließlich dem Schuldnerschutz und nicht der Information des Gläubigers (BVerwGE 65, 260; OLG Hamm, DGVZ 1977, 40).
2 Aufforderungen und Mitteilungen (Absatz 1)
Rz. 2
Die Zivilprozessordnung sieht keine Aufforderungen im Sinne des Abs. 1 vor; insbesondere nicht in § 840 Abs. 2, § 845 ZPO, setzt sie jedoch an einigen Stellen konkludent voraus (z. B. in den §§ 756, 758 ZPO); fallen indes – obwohl wie vorstehend in der GVGA benannt – nicht unter die Aufforderungen der Bestimmung (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 763 Rn. 2). Die Aufforderungen sind in der GVGA benannt, z. B. die Aufforderung, eine zur Bewirkung der Gegenleistung erforderliche Handlung vorzunehmen , diejenige, zu leisten (§ 59 Abs. 2 GVGA), diejenige, bewegliche Habe vorzuzeigen und Zimmer sowie Behältnisse zu öffnen (§ 81 Abs. 1 GVGA). Mitteilungen sieht die ZPO in §§ 806a, 808 Abs. 3, 809, 811b Abs. 2 und 3, 826 Abs. 3 und die GVGA in §§ 65 Abs. 2, 82 ; 87 Abs. 2 und 3; 88, 92 Abs. 4 vor.
3 Schriftliche Übermittlung der Aufforderungen und Mitteilungen (Absatz 2)
Rz. 3
Ist diejenige Person, an die die Aufforderung und/oder Mitteilung nach Abs. 1 hätte gerichtet werden müssen (im Regelfall der Schuldner), nicht anwesend, ist sie schriftlich davon zu unterrichten (Abs. 2). Das geschieht dann durch die Übersendung einer Abschrift des Protokolls des Gerichtsvollziehers, das den vollständigen Wortlaut der Aufforderung und/oder Mitteilung enthalten muss (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 763 Rn. 4). Die Abschrift kann der Gerichtsvollzieher durch gewöhnlichen Brief übersenden, aber auch nach den §§ 181 bis 186 ZPO zustellen, wenn andernfalls ein sicherer Zugang nicht wahrscheinlich ist (§ 63 Abs. 5 GVGA). Die Übermittlung der Abschrift ist im Protokoll zu vermerken (Abs. 2 Satz 3). Ist der Wohn- oder Aufenthaltsort des Schuldners unbekannt, hat der Gerichtsvollzieher den Gläubiger aufzufordern, diesen zu ermitteln und ihm mitzuteilen. Haben zumutbare Ermittlungen (EMA-Anfrage) keinen Erfolg, unterbleibt die schriftliche Mitteilung. Eine öffentliche Zustellung findet nicht statt (Abs. 3 Satz 3). Insbesondere handelt es sich bei der Ladung nicht um Aufforderungen oder sonstige Mitteilungen des Gerichtsvollziehers, deren öffentliche Zustellung durch § 763 Abs. 2 Satz 3 ZPO ausgeschlossen ist (AG Hamburg, DGVZ 2018, 46). Auch eine Auslandszustellung im Wege der Rechtshilfe kommt nicht in Frage, wohl eine formlose Übersendung an die ausländische Anschrift des Schuldners (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 763 Rn. 6). Nach h. M. ist dem Gläubiger selbst in seiner Abwesenheit das Pfändungsprotokoll nur auf Antrag zu übermitteln, es sei denn, das Protokoll enthält eine zu den Vollstreckungshandlungen gehörende, gerade für den Gläubiger bestimmte Mitteilung des Gerichtsvollziehers (ausführlich: MünchKomm/ZPO-Heßler, § 763 Rn. 8 m. w. N.).
4 Unterlassen der Protokollierung oder Benachrichtigung – Rechtsbehelfe
Rz. 4
Die Wirksamkeit der durchgeführten Vollstreckungshandlungen wird weder durch die unterbliebene Protokollierung noch durch die unterlassene Benachrichtigung berührt (Zöller/Seibel, § 763 Rn. 4). Der Verstoß gegen die Ordnungsvorschrift des § 763 ZPO macht die Vollstreckungshandlung auch nicht anfechtbar. Ziel einer Erinnerung nach § 766 ZPO kann es aber sein, die Protokollierung oder Benachrichtigung nachzuholen, falls im Einzelfall ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist (LG Köln, MDR 1974, 1024; MünchKomm/ZPO-Heßler, § 763 Rn. 10).
Literaturtipps
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Elias, Zur Frage der abschriftlichen Übersendung von Protokollen der Zwangsvollstreckung an den nicht anwesenden Gläubiger von Amts wegen, DGVZ 1975, 33 |
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Ewers, Erhält der bei der Zwangsvollstreckung nicht anwesend gewesene Gläubiger von Amts wegen eine Protokollabschrift?, DGVZ 1974, 104 |
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Mager, Protokollabschriften an Dritte und an den Gläubiger, DGVZ 1971, 58 |
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Mümmler, Erteilung von Protokollabschriften an Dritte, DGVZ 1971, 12 |
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Seip, Enthält der Antrag auf Durchführung der Vollstreckung auch ohne besondere Erklärung den Antrag auf Erteilung einer Abschrift des Pfändungsprotokolls?, DGVZ 1974, 170 |
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Wolf, Der Ärger mit dem Gerichtsvollzieherprotokoll, InVo 2006, 341 |