Rz. 2
Die Erinnerung nach § 766 ZPO wird zumeist als "Vollstreckungserinnerung" bezeichnet. Damit soll sie unterschieden werden von der Erinnerung gegen die Versagung der Klauselerteilung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 576 Abs. 1 ZPO) und den Rechtspfleger (§ 11 Abs. 2 RPflG) und der Erinnerung des Schuldners gegen die Erteilung der Klausel (sog. Klauselerinnerung, § 732 ZPO) oder wenn Einwände gegen (andere) Entscheidungen des Rechtspflegers erhoben werden (sofortige Beschwerde, § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 793 ZPO).
2.1 Entscheidungen im Verfahren der Zwangsvollstreckung (sofortige Beschwerde, § 793 ZPO)
Rz. 3
Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung (§ 764 Abs. 3 ZPO) ergehen können, findet die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO statt. Diese und die Erinnerung schließen sich gegenseitig aus. Während sich die sofortige Beschwerde gegen richterliche Entscheidungen richtet, ist die Erinnerung gegen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung ("Art und Weise der Zwangsvollstreckung") gegeben. Die Beantwortung der Frage, welcher Rechtsbehelf statthaft ist, erfordert eine Abgrenzung von Entscheidung und Maßnahme der Zwangsvollstreckung. Nach der h. M. ist für die Abgrenzung die Art des Zustandekommens entscheidend. Um eine Entscheidung handelt es sich dann, wenn der Beschluss unter tatsächlicher und rechtlicher Würdigung des beiderseitigen Vorbringens, also unter Abwägung der für und gegen den Antrag sprechenden Gründe, zustande kommt (OLG Bamberg, JurBüro 1978, 605; LG Frankenthal, Rpfleger 1982, 231). Das ist immer dann der Fall, wenn der "Richterspruch" nach Anhörung der Parteien getroffen wurde (Sächsisches OVG v. 14.4.2014, 5 E 103/12 – Juris; Zöller/Herget, § 766 Rn. 2). Dabei ist es unerheblich, ob die Anhörung zwingend oder fakultativ oder gar unzulässig erfolgt ist (KG, OLGZ 1978, 491). Unerheblich ist auch, ob das Vollstreckungsgericht dem Antrag stattgibt oder ihn ablehnt. Dagegen sind Maßnahmen der Zwangsvollstreckung Vollstreckungsakte zur Durchsetzung des Anspruchs des Gläubigers. Sie beruhen auf dem Antrag und dem Vorbringen des Gläubigers und werden regelmäßig ohne Anhörung des Schuldners vorgenommen (Sächsisches OVG a. a. O.). Erst mit der Erinnerung hat der Schuldner Gelegenheit, sich – im Nachhinein – rechtliches Gehör zu verschaffen.
Rz. 4
Die schriftliche Ankündigung des Gerichtsvollziehers, er werde den Schuldner zum Zwecke der Zwangsvollstreckung aufsuchen und müsse die Wohnung "bestimmungsgemäß" auf Kosten des Schuldners von einem Schlosser öffnen lassen, wenn der Schuldner ihm nicht mitteile, wann er in der Wohnung anzutreffen sei, stellt keine Maßnahme dar, die mit der Vollstreckungserinnerung angegriffen werden kann (KG, DGVZ 1994, 113). Eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme liegt auch dann nicht vor, wenn der zu einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung verurteilte Schuldner die ihm obliegende Gegenleistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise anbieten will und hierzu den Gerichtsvollzieher beauftragt, weil es sich nicht um einen Vollstreckungsauftrag handelt (LG Koblenz, DGVZ 1998, 58).
2.2 Entscheidungen des Rechtspflegers (sofortige Beschwerde, § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 793 ZPO)
Rz. 5
Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist die sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 793 ZPO) gegeben. Für die Unterscheidung zwischen Maßnahme der Zwangsvollstreckung und Entscheidung gilt hier das oben Angeführte (Rn. 3).
2.3 Vollstreckungsmaßnahme des Rechtspflegers (§ 766 Abs. 1 ZPO)
Rz. 6
Vollstreckungsmaßnahmen des Rechtspflegers sind nur mit der Erinnerung (§ 766 Abs. 1 ZPO) anfechtbar. Das Vollstreckungsgericht hat daher auch dann zu entscheiden, wenn die Einwendungen nicht begründet sind. § 766 ZPO beruht auf der Erwägung, dass über die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme nach Anhörung der Beteiligten der Vollstreckungsrichter zu entscheiden hat. Trifft der Rechtspfleger eine Entscheidung, dann ist ebenfalls die sofortige Beschwerde gegeben (§ 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 793 ZPO).
2.4 Vollstreckungsmaßnahme des Gerichtsvollziehers (§ 766 Abs. 1 ZPO)
Rz. 7
Vollstreckungsmaßnahmen des Gerichtsvollziehers können stets nur mit der Erinnerung nach § 766 ZPO angefochten werden; das gilt nicht nur für Pfändungsmaßnahmen, sondern z. B. auch für die Anfechtung einer vom Gerichtsvollzieher ausgestellten Fruchtlosigkeitsbescheinigung (OLG Düsseldorf, JurBüro 1985, 1733). Gegen die Weigerung eines Gerichtsvollziehers, eine titelumschreibende vollstreckbare Ausfertigung mit Nachweisurkunde zuzustellen, findet nicht die Erinnerung nach § 766 ZPO statt, sondern der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG (OLG Hamm, Rpfleger 2011, 93 = DGVZ 2011, 130; zur Abgrenzung zu Maßnahmen des Gerichtsvollziehers, die nicht unmittelbar die Art und Weise der Zwangsvollstreckung betreffen, vgl. auch BGH NVwZ-RR 2012, 784). Feststellungen über Besitzverhältnisse sind vom Gerichtsvollzieher am Räumungstermin in der betroffenen Wohnung und nicht vorweg im Erinnerungs- oder Beschwerdeweg durch das Vollstreckungsgericht zu treffen (LG Berlin, DGVZ 2011, 172). Schätz- bzw. Bewertungsfehler sind, unabhängig davon ob die Schätzung von einem Gerichtsvollzieher oder einem Sachverständigen vorgenommen wurden, nicht mit der Vollstreckungserinnerung anfechtb...