Rz. 17

Statthaftigkeit bedeutet, dass der gewählte Rechtsbehelf zur Erreichung des angestrebten Ziels vom Gesetz auch im Einzelfall tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Nach der unter Rn. 1 und 2 vorgenommenen Abgrenzung kann festgehalten werden, dass nur solche Einwendungen zu beachten sind, die das bei der Zwangsvollstreckung zu beachtende Verfahren betreffen (vgl. ausführlich mit Beispielen aus der Rechtsprechung MünchKomm/ZPO-Karsten Schmidt, § 766 Rn. 20), nicht aber solche, die sich gegen die materiell-rechtliche Berechtigung zur Zwangsvollstreckung schlechthin oder bezüglich einer konkreten Vollstreckungsmaßnahme wenden (hier §§ 767, 771, 805, 878 ZPO; OLG Celle, InVo 1999, 398). Unproblematisch sind die Fälle der Gerichtsvollziehervollstreckung (immer Erinnerung, § 766 ZPO) und der Vollstreckung des Prozessgerichts (immer sofortige Beschwerde, § 793 ZPO) und des Grundbuchamts (einfache Grundbuchbeschwerde, § 11 Abs. 1 i. V. m. §§ 71 ff. GBO). Im Übrigen kommt es auf die Abgrenzung zwischen Entscheidung und Maßnahme der Zwangsvollstreckung bei den "Handlungen" des Vollstreckungsgerichts an. Danach gilt mit der h.M. (MünchKomm/ZPO-Karsten Schmidt, § 766 Rn. 14 bis 18 m. w. N.) grundsätzlich:

3.1 Anhörung des Schuldners vor Erlass des Beschlusses

 

Rz. 18

Wurde der Schuldner vor Erlass des Beschlusses des Vollstreckungsgerichts angehört, hat dasselbe bereits die Argumente des Gläubigers und des Schuldners abgewogen (BGH, WM 2010, 2317; NZI 2004, 447). Der zulässige Rechtsbehelf ist die sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) sowohl bei Entscheidung des Richters als auch des Rechtspflegers (§ 11 Abs. 1 RPflG). Das gilt auch dann, wenn der Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom Vollstreckungsgericht teilweise abgelehnt wurde (OLG Koblenz, Rpfleger 1989, 276).

3.2 Ablehnung eines Antrags des Gläubigers durch das Vollstreckungsgericht

 

Rz. 19

Hat das Vollstreckungsgericht einen Antrag des Gläubigers abgewiesen, ist nur derselbe beschwert, so dass auch nur er einen Rechtsbehelf einlegen kann. Da jedoch in der ablehnenden Entscheidung die Argumente des Gläubigers (als Antragsteller, der seinen Antrag begründet hat) Berücksichtigung finden, ist auch in diesem Fall die sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO; § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 793 ZPO) und nicht die Erinnerung (§ 766 ZPO) der richtige Rechtsbehelf (OLG Koblenz, NJW-RR 1986, 679; bei teilweiser Ablehnung vgl.LG Koblenz, MDR 1990, 1123 und LG Koblenz, Rpfleger 1989, 276).

3.3 Erlass eines Beschlusses ohne Anhörung des Schuldners

 

Rz. 20

Hat das Vollstreckungsgericht einen Beschluss auf Antrag des Gläubigers erlassen, ohne zuvor den Schuldner zu hören, und will dieser, der allein beschwert ist, gegen diesen Beschluss vorgehen, bringt er seine Argumente erstmals zur Sprache, weshalb die Erinnerung (§ 766 ZPO) der richtige Rechtsbehelf ist (OLG Düsseldorf, Rpfleger 1982, 192;FamRZ 1984, 727; OLG Hamm, Rpfleger 1973, 222). Das gilt auch, wenn der nicht angehörte Schuldner gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung vorgehen will (BGHZ 187, 132 = NJW 2011, 525).

3.4 Erlaubnis des Richters am Amtsgericht nach § 758a ZPO

 

Rz. 21

Gegen die Entscheidungen nach diesen Bestimmungen, die vom Richter am Amtsgericht und nicht vom Vollstreckungsgericht erlassen werden, ist die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO der richtige Rechtsbehelf, ohne dass es darauf ankommen kann, ob der Schuldner gehört wurde oder nicht (OLG Koblenz, MDR 1986, 64; OLG Hamm, NJW 1984, 1972; a. A. in den Fällen ohne Anhörung des Schuldners bei § 758a ZPO: LG Lübeck, Beschluss v. 30.6.2008 – 7 T 293/08; KG, MDR 1986, 417; LG Oldenburg, Rpfleger 1984, 471; bei § 761 a. F. ZPO: LG Karlsruhe, NJW-RR 1986, 550; OLG Stuttgart, NJW 1970, 1329, das generell § 766 ZPO anwenden will). Die Erinnerung § 766 ZPO ist nicht der richtige Rechtsbehelf (Brox/Walker, Rn. 1184).

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