Rz. 3

Nach Satz 1 hat das Vollstreckungsorgan bei der Vorlage einer vollstreckungshindernden Entscheidung (§ 775 Nr. 1 ZPO) zugleich die von ihm getroffenen Maßnahmen aufzuheben. Das gilt auch bei Nachweis der Sicherheitsleistung oder Hinterlegung durch öffentliche Urkunde (§ 775 Nr. 3 ZPO). In den Fällen des § 775 Nr. 2 ZPO ist das allerdings nur dann der Fall, wenn die Aufhebung in der Vollstreckungsmaßregel angeordnet ist. Da die Aufhebung zugleich mit der Einstellung zu erfolgen hat, braucht die Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses nicht abgewartet werden (OLG München, NJW-RR 2019, 1107). Zuständig ist das Vollstreckungsorgan, denn die Aufhebung ist der "actus contrarius" zum Vollstreckungszugriff. Eine Vollstreckungsmaßregel des Vollstreckungsgerichts wird durch Beschluss aufgehoben; so wird z. B. ein Pfändungsbeschluss aufgehoben. Der Beschluss ist sofort wirksam und hängt nicht von dem Eintritt der formellen Rechtskraft der aufhebenden Entscheidung ab (BGHZ 66, 394 = NJW 1976, 1453). Bereits mit der Aufhebung erlischt das Pfändungspfandrecht (Schuschke/Walker, § 776 Rn. 3). Die Aufhebung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt z. B. durch Abnahme des Pfandsiegels oder auch durch die Rückgabe der Pfandstücke an den Berechtigten (vgl. § 171 GVGA). Mit der Aufhebung entfällt die Zwangsvollstreckungsmaßnahme (Ausnahme: § 765a Abs. 4 ZPO), wenn nicht mit ihr eine Anordnung nach § 572 Abs. 2 ZPO verbunden war.

 

Rz. 4

Ist das Prozessgericht Vollstreckungsorgan, so kann ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO oder ein Ordnungsgeld nach § 890 ZPO festsetzender Beschluss in der Regel nach § 776 ZPO durch Beschluss nur dann wieder aufgehoben werden, wenn das Zwangs- oder Ordnungsgeld noch nicht beigetrieben ist (Hessisches LAG v. 13.9.2013, 12 Ta 393/12 – , juris). Mit der Beitreibung ist die Zwangsvollstreckung beendet, und nach Beendigung derselben kommt eine Maßnahme nach § 776 ZPO nicht mehr in Betracht (Schuschke/Walker, § 776 Rn. 5 m. w. N.; a. A. BeckOK/ZPO-Preuß, § 776 Rn. 4; KG Berlin, NJW-RR 2000, 1523; LAG Bremen, Beschluss v. 30.9.2008, 3 Ta 40/08). Der Vollstreckungsschuldner kann beigetriebenes Zwangsgeld im Beschlussverfahren analog § 776 ZPO von der Staatskasse zurückverlangen, wenn der Zwangsgeldbeschluss oder der zugrunde liegende Titel vor Eintritt der Rechtskraft aufgehoben wird /Hessisches LAG a. a. O.) oder – etwa durch Erfüllung – zum Zeitpunkt der Beitreibung die Zwangsvollstreckung bereits rechtswidrig geworden war (LAG Nürnberg, BB 2016, 2292; OLG Frankfurt/Main, JurBüro 1991, 1554). Nach Eintritt der Rechtskraft des der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden Titels ist ein Anspruch auf Rückzahlung beigetriebener Zwangsgelder gegen die Staatskasse allerdings ausgeschlossen (Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss v. 27.6.2017, 4 Ta 514/16 – Juris). Stellt das Prozessgericht nach § 769 Abs. 1 ZPO die Zwangsvollstreckung ein und hebt zugleich sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen (hier: die Zwangsverwaltung eines Grundstücks) auf, bedarf es in diesem Fall keines Ausführungsbeschlusses des Vollstreckungsgericht nach § 776 ZPO. Die Beschlagnahme entfällt nach § 776 Satz 2 Alt. 2 ZPO. Ein gleichwohl ergangener als deklaratorisch bezeichneter Feststellungsbeschluss, dass die Zwangsverwaltung bereits aufgehoben sei, ist unschädlich (LG Mühlhausen, Rpfleger 2017, 412).

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