Rz. 20a
(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.
(2) 1Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. 2Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. 3Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. 4Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. 5Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. 6Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. 7Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.
(3) 1Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. 2Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozessordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.
(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
7.1 Grundsatz – Abgrenzung
Rz. 21
Das Dritte Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Gesetze vom 6. August 1998 (BGBl S. 2030) hat mit Wirkung seit dem 1. Oktober 1998 im Wesentlichen das System der Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers durchgreifend verändert. Zunächst aber ist die Überschrift des Gesetzes einschließlich der amtlichen Abkürzung geändert worden. Das Gesetz heißt nun "Rechtspflegergesetz (RPflG)". Durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 5.12.2012 (BGBl. I S. 2418) ist § 11 Abs. 2 RPflG mit Wirkung vom 1.1.2014 neu gefasst worden. Die Änderung betrifft lediglich die Befugnis bei unverschuldeter Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen zu können, wenn der Erinnerungsführer die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die notwendigen Tatsachen glaubhaft macht. Das fehlende Verschulden wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
Rz. 22
Die sog. Durchgriffserinnerung, die mit dem Rechtspflegergesetz im Jahre 1969 neu eingeführt wurde, ist abgeschafft worden. Nunmehr ist gegen die Entscheidung des Rechtspflegers das Rechtsmittel gegeben, das zulässig wäre, falls der Richter entschieden hätte (Abs. 1). Das ist regelmäßig die sofortige Beschwerde (§§ 567 ff. ZPO), aber auch die besonderen Rechtsbehelfe der Erinnerung nach § 732 ZPO und § 766 ZPO. Für die Zulässigkeit, die Einlegung, die Form und Frist, die Abhilfebefugnis und die Vorlagepflicht an das Beschwerdegericht gelten die Bestimmungen der jeweiligen Verfahrensordnung. Eine richterliche Entscheidung in derselben Instanz kommt auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung nur noch vor bei der sog. Klauselerinnerung nach § 732 ZPO und der Erinnerung nach § 766 ZPO gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Rechtspflegers.
Rz. 23
Ist gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers allerdings nach den allgemeinen Regeln des Verfahrensrechts ein Rechtsmittel nicht gegeben, ist die Erinnerung das zulässige Rechtsmittel (§ 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG). Das ist auch der Fall, wenn z. B. der Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht erreicht ist und deshalb ein Rechtsmittel nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften im Einzelfall nicht zulässig ist (BVerfG, NJW-RR 2001, 1077), das seine Entscheidung auf Art. 19 Abs. 4 GG gestützt hat. Für sie gilt die Frist der sofortigen Beschwerde (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) von zwei Wochen (Abs. 2 Satz 2). Der Rechtspfleger kann nunmehr in allen Fällen der Erinnerung abhelfen (Abs. 2 Satz 3). Hilft er nicht ab, legt er die Erinnerung dem Richter des § 28 RPflG zur Entscheidung vor (Abs. 2 Satz 4). Dieser entscheidet endgültig.
Der Ausschluss der Erinnerung in bestimmten Fällen (Abs. 3) entspricht dem geltenden Recht (§ 11 Abs. 5 RPflG a. F.) ebenso wie (Abs. 4), der an der Gerichtsgebührenfreiheit des Erinnerungsverfahrens festhält (§ 11 Abs. 6 RPflG a. F.).
Rz. 24
Die Vereinfachung der Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist zu begrüßen, da das geltende Recht zu kompliziert war und in vielen Fällen zu einer ohnehin eher formalen Befassung eine...