1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Wartefrist nimmt Rücksicht auf die Belange der Beteiligten der Zwangsvollstreckung. Der Gläubiger hat dem Schuldner die Zwangsvollstreckung durch Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung mit einer Frist anzukündigen. Der Schuldner erhält damit noch während des Laufs der Frist Gelegenheit zur freiwilligen Leistung und auch zur Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Klausel oder Vollstreckungsabwehrklage zu erheben (BGH, DGVZ 2020, 257). Er kann in dieser Zeit auch versuchen, einstweilige Anordnungen, insbesondere die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung, zu erreichen. Die Wartefrist der Bestimmung ist bei Kostenfestsetzungsbeschlüssen durch die Verweisung in § 151 Abs. 1 Satz 1 FGO im finanzgerichtlichen Verfahren (Sächsisches FG v. 26.2.2014, 6 K 136/14, juris) und durch die Verweisung in § 173 Satz 1 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (VG Düsseldorf, Beschluss v. 25.1.2016, 22 M 154/15, juris) anzuwenden.
2 Von der Regelung betroffene Vollstreckungstitel
Rz. 2
Für die angeführten Titel selbstständige Kostenfestsetzungsbeschlüsse (nicht für die nach § 105 ZPO auf das Urteil gesetzten) nach § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, Vergleiche nach § 794 Abs. 1 Nr. 4a zweiter Halbsatz ZPO sowie die den nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aufgenommenen Urkunden – enthält die Vorschrift eine Ergänzung zu § 750 Abs. 1 und 2 ZPO: Die Zwangsvollstreckung darf erst zwei Wochen nach Zustellung des Schuldtitels beginnen. Wie zuzustellen ist, folgt aus den allgemeinen Zustellungsvorschriften. Entsprechend § 750 Abs. 2 ZPO müssen die dort genannten Urkunden zugestellt sein, um die Frist in Gang zu setzen. Bei einfachen Klauseln nach § 724 ZPO muss – wie im Fall des § 750 Abs. 3 ZPO – keine vollstreckbare Ausfertigung zugestellt werden.
Wartefrist ist gesetzliche Pflicht
Die Wartefrist ist eine gesetzliche Frist und kann vom Gericht nicht verlängert oder abgekürzt werden (§ 224 Abs. 2 ZPO), wohl aber im Rahmen von Vollstreckungsvereinbarungen zwischen den Parteien. Allerdings lediglich eine Verlängerung; die Verkürzung der Frist ist auch durch Parteivereinbarung trotz § 224 Abs. 1 ZPO nicht zulässig (Musielak/Voit, § 798 Rn. 3).
Sie wird nach § 222 ZPO berechnet. Die Vollstreckung ist mithin erst nach dem 15. Tag nach der Zustellung zulässig.
Rz. 3
Die Vollstreckung vor Ablauf der Wartefrist macht die Vollstreckungsmaßnahme nicht nichtig oder unwirksam, sondern lediglich anfechtbar (OLG Hamm, NJW 1974, 1516 = Rpfleger 1974, 121). Gegen eine vor Ablauf der Wartefrist vorgenommene Vollstreckung kann sich der Schuldner mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO wehren. Da der Mangel durch Ablauf der Wartefrist geheilt wird und das Pfandrecht erst dann entsteht, wäre nur ein kurzer Aufschub zu erreichen. Ein Rang kann durch die anfechtbare Pfändung nicht erreicht werden. Die Wartefrist darf der Schuldner, bevor er freiwillig leistet, voll ausschöpfen.
Rz. 4
Die Kosten eines vorzeitig erteilten Vollstreckungsauftrags hat der Gläubiger selbst zu tragen, wenn der Schuldner innerhalb der Zahlungsfrist Überweisungsauftrag erteilt hat und Deckung vorhanden ist (LG Hannover, DGVZ 1991, 57).