1 Grundsatz – Allgemeines
Rz. 1
Die § 717 Abs. 2 nachgebildete Vorschrift soll den Schuldner präventiv vor einer formell, aber nicht materiell berechtigten Vollstreckung durch Rechtsnachfolger des ursprünglichen dinglichen (Satz 1) oder persönlichen (Satz 2) Gläubigers eines Grundpfandrechts im Fall der Unterwerfung durch notarielle Urkunde schützen, indem der neue Gläubiger verschuldensunabhängig nachträglich zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet wird. Anlass der Regelung war der Verkauf entsprechender Bankforderungen und die Vollstreckung durch Neugläubiger, obwohl die Schuldner ihren gesicherten Darlehensverpflichtungen nachgekommen waren. Prozessuale Regeln zur Geltendmachung des Anspruchs stellt die Norm nicht auf, sodass es sich um eine rein materiell-rechtliche Anspruchsnorm handelt. In der gerichtlichen Praxis hat diese Bestimmung nur geringe Bedeutung erlangt.
2 Voraussetzungen
Rz. 2
Der Schuldner muss sich als Eigentümer eines Grundstücks in einer notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen haben. Tituliert sein müssen in der Urkunde Ansprüche aus einer Hypothek oder einer Grundschuld (Satz 1) oder er muss sich wegen der persönlichen Forderung, deren Sicherung ein Grundpfandrecht dient, der Vollstreckung unterworfen haben (Satz 2). Eine Erweiterung auf eine Vollstreckung auch aus streitigen Titeln ist nicht geboten (BeckOK/ZPO-Hoffmann, § 799a Rn. 9 u. 9.1). Keine Anwendbarkeit soll die Vorschrift mangels ausdrücklicher Erwähnung auf die Rentenschuld finden (Vollkommer, ZIP 2008, 2060). Entsprechend anwendbar soll sie hingegen sein, wenn sich der Eigentümer von Wohnungseigentum oder der Berechtigte eines Erbbaurechts unterwirft (Zöller/Geimer, ZPO § 799a Rn. 2).
Rentenschulden
NIcht erfasst werden – anders als in §§ 799, 800 ZPO – Rentenschulden.
Weiter muss die Vollstreckung durch einen anderen als den in der Urkunde genannten Gläubiger betrieben werden, was voraussetzt, dass der Titel insbesondere nach Abtretung des Grundpfandrechts durch den Zessionar oder auch durch den Pfandgläubiger umgeschrieben (§ 727 ZPO) wurde. Die Vorschrift gilt für alle Gläubiger, die aus einem umgeschriebenen Titel gegen den Schuldner vorgehen (Musielak/Voit/Lackmann, § 799a Rn. 2 unter Hinweis auf Vollkommer, ZIP 2008, 2060; a. A. Zöller/Geimer, § 799 Rn. 4, der die Auffassung vertritt, dass die Regelung auf die Gesamtrechtsnachfolger, wie z. B. Erben, den Insolvenzverwalter, im Fall der Verschmelzung, Auf- und Abspaltung sowie Ausgliederung nicht anwendbar sei). Die Vorschrift ist auch auf umwandlungsrechtliche Vorgänge anwendbar. "Anderer" im Sinne der Norm ist deswegen auch eine Gesellschaft, auf die im Rahmen der Ausgliederung eine vollstreckbare Urkunde übergegangen ist (OLG Stuttgart, Urteil v. 22.05.2019, 9 U 49/18).
Die Zwangsvollstreckung des Neugläubigers aus dem nämlichen Titel muss für unzulässig erklärt worden sein. Dies kann in Entscheidungen über Rechtsbehelfe nach §§ 732, 767, 768 ZPO geschehen sein. Auch stattgebende Entscheidungen über die prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO kommen in Betracht. Gleich steht der Abschluss eines Prozessvergleichs im Rahmen des Verfahrens nach § 767 ZPO. Ob dabei ein ausdrücklicher Vorbehalt für die Haftung aus § 799a ZPO erforderlich ist, ist umstritten (dafür Zöller/Geimer, § 799a Rn. 5; dagegen BeckOK/ZPO, § 799a Rn. 18).
Ausnahmen
Das gilt nicht für Entscheidungen über die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) oder Vollstreckungserinnerungen (§ 766 ZPO). Auch die Entscheidung über eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO fällt nicht unter die Norm, da ein Urteil über sie die Zwangsvollstreckung nicht für unzulässig erklärt (Zöller/Geimer, § 799a Rn. 5; a. A. BeckOK/ZPO-Hoffmann, § 799a Rn. 19; Musielak/Voit/Lackmann § 799a Rn. 3).
Die Entscheidung muss nicht rechtskräftig sein (vgl. Vollkommer, ZIP 2008, 2060).
3 Schadensersatz und Verfahren
Rz. 3
Der Eigentümer (auch wenn er Rechtsnachfolger des Grundpfandrechtsbestellers ist) hat gegen den Neugläubiger einen Schadensersatzanspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm adäquat kausal durch die Vollstreckung aus der Urkunde oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung erbrachte Leistung nach der Unzulässigerklärung entstanden ist (Musielak/Voit/Lackmann, § 799a Rn. 4). Die Ersatzpflicht entspricht derjenigen der §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO. Damit steht dem Eigentümer ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch zu.
Der Anspruch kann wie jeder Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden, wobei sich die Zuständigkeit des Gerichts nach den allgemeinen Regeln richtet. Der Anspruch kann, wie in § 717 Abs. 2 ZPO, auch als Inzidentantrag mit der Erhebung der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden (Zöller/Geimer, § 799a Rn. 6; a. A. Musielak/Lackmann, § 799a Rn. 5). Der Anspruch setzt voraus, dass die Zwangsvollstreckung bereits für unzulässig erklärt worden ist, nicht dass dies gleichzeitig geschieht (Musielak/Voit/Lackmann, § 799a Rn. 5; a. A. Wendt/Skauradszun, JR 2011, 231). Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ist ohne Sicherheitsleistun...