Rz. 10
Abs. 2 gilt nur für die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen. Sie ist auf die Besonderheiten der Mobiliarvollstreckung zugeschnitten, bei der die Nutzungsfunktion des Eigentums vorrangigen Schutz verdient, wenn die Verwertung des Gegenstandes keinen Überschuss und damit keine Befriedigung des Gläubigers in Aussicht stellt (vgl. BGHZ 151, 384, 386 f.). Die Frage einer Bewertung nach § 803 Abs. 2 ZPO und einer Prüfung der Pfändbarkeit nach §§ 811, 811c, 812 ZPO unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Austauschpfändung nach § 811b ZPO und der Vornahme einer Vorwegpfändung gemäß § 811d ZPO erübrigt sich, wenn sich aus dem Vermögensverzeichnis keine pfändbaren Gegenstände ergeben (LG Aachen, DGVZ 2018, 236).
Das Verbot gilt nicht bei der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (BGH, Rpfleger 2004, 302 u. BGH, BGHZ 151, 384 = MDR 2004, 711 = ZIP 2004, 1380 = NJW-Spezial 2004, 100; BGH, NJW 2002, 3178; OLG München, ZfIR 2016, 546). Das Vollstreckungsgericht darf daher das Verfahren nicht mit der Begründung aufheben, ein Versteigerungserlös sei zugunsten des Gläubigers nicht zu erwarten. Das Zwangsversteigerungsgesetz kennt keinen vergleichbaren Grundsatz. Es enthält vielmehr eigene Regeln, die den Eigenheiten des Zwangsversteigerungsverfahrens Rechnung tragen, so z. B. § 77 ZVG. Diese speziellen Regelungen sind gegenüber dem Rechtsgedanken des § 803 Abs. 2 ZPO vorrangig (so auch OLG Hamm, Rpfleger 1989, 34; LG Frankfurt, NZM 1998, 635; LG Koblenz, DGVZ 1998, 125; LG Detmold, Rpfleger 1998, 35; LG Krefeld, Rpfleger 1996, 120 und 1994, 35; LG Freiburg, Rpfleger 1989, 469; LG Münster, JurBüro 1988, 1416; LG Stade, LG Aachen, LG Göttingen, jeweils Rpfleger 1988, 420; LG Berlin, Rpfleger 1987, 209; im Ergebnis auch LG Lüneburg, MDR 1976, 1027; a. A. OLG Düsseldorf, Rpfleger 1989, 470; LG Frankfurt, Rpfleger 1989, 35; LG Bielefeld, Rpfleger 1987, 424; LG Augsburg, Rpfleger 1986, 146).
Rz. 11
Das Verbot der zwecklosen Pfändung soll verhindern, dass der Schuldner einen Vermögensgegenstand verliert, der dem Gläubiger keine Befriedigung bringt (z. B. Urkunden; vgl. AG Hünfeld, DGVZ 2005, 110) und somit die Verbindlichkeiten des Schuldner nicht vermindert (BGHZ 151, 384 = MDR 2004, 711 = ZIP 2004, 1380 = NJW-Spezial 2004, 100). Darüber hinaus soll der Gläubiger auch vor unnötigen Kosten einer zwecklosen Zwangsvollstreckung bewahrt werden (Zöller/Herget, § 803 Rn. 9). Die Vorschrift unterliegt nicht der Verfügungsmacht des Gläubigers. Ein Gläubiger kann den Gerichtsvollzieher daher auch nicht anweisen, von dieser Vorschrift abzuweichen (AG Bremen, 13.11.2007 – 247 M 471935/07 – Juris; a. A. AG Neumünster, JurBüro 2003, 549). Eine Pfändung darf aus Gründen des § 803 Abs. 2 ZPO allerdings nicht abgelehnt werden, wenn der Gläubiger sowohl im Vollstreckungsauftrag als auch im Erinnerungsschreiben erklärt hat, im Rahmen einer Versteigerung selbst ein Gebot abzugeben, das die tatsächlich zu erwartenden Kosten der Zwangsvollstreckung übersteigen wird. (AG Hamburg-Barmbek, JurBüro 2017, 383).
Rz. 12
Das Verbot gilt für die Erstpfändung. Eine Anschlusspfändung hat zu unterbleiben, wenn sie auch als Erstpfändung nicht durchgeführt werden dürfte.
Rz. 13
Die Regelung untersagt darüber hinaus die isolierte Pfändung solcher Sachen, die überhaupt keinen Vermögenswert für die Zwangsvollstreckung darstellen. Beispiele hierfür sind die Pfändung eines Kfz-Kennzeichens (LG Stuttgart, DGVZ 1991, 58; AG Neubrandenburg, DGVZ 2005, 14; AG Bad-Sobernheim, DGVZ 1998, 173), einer Löschungsbewilligung, eines Schuldscheins, eines Sparkassenbuchs, eines Hypothekenbriefs, eines Kfz-Briefs (AG Hünfeld, DGVZ 2005, 110 m. w. N.), sowie der Reservierungskartei eines Hotelbetriebs (OLG Hamm, NJW-RR 1997, 733).
Rz. 14
Das Vollstreckungsorgan hat nach pflichtgemäßen Ermessen zu überprüfen, ob die vorhandenen pfändbaren Sachen verwertbar sind oder nicht und ob ein etwaiger Verwertungserlös die Pfändungs- und Verwertungskosten übersteigt (AG Wiesbaden, DGVZ 2006, 117; LG Ravensburg, DGVZ 2001, 85; LG Düsseldorf, DGVZ 1988, 155). Wird dies verneint, hat die Pfändung wg. Zwecklosigkeit zu unterbleiben (LG Köln, DGVZ 1983, 44). Übersteigt daher das zuletzt abgegebene Angebot des Gläubigers die tatsächlich zu erwartenden Kosten der Zwangsvollstreckung, steht das Verbot der zwecklosen Pfändung der begehrten Vollstreckungsmaßnahme nicht entgegen (AG Nettetal, JurBüro 2012, 46; vgl. auch LG Köln, Beschluss v. 24.8.1987, 10 T 150/87 – Juris; AG Walsrode, Beschluss v. 9.3.1984, Az. 8 M 1857/83 – Juris).
Rz. 15
Der Schuldnerschutz darf allerdings nicht übersteigert werden (AG Bad Doberan JurBüro 2014, 46). Die Ablehnung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn sicher ist, dass sie keinerlei Aussicht auf Erfolg hat (LG Waldshut-Tiengen, DGVZ 2009, 47; LG Göttingen, DGVZ 1986, 174). So darf ein Gerichtsvollzieher die Pfändung eines Pkw mit einem Schätzwert von 1.200,00 DM nicht mit der Begründung verweigern, di...