Rz. 2
Bei einer zwangsweisen Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher bzw. Vollziehungsbeamten erwirbt der Ersteher das Pfandobjekt unter Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen auf eigenes Risiko. Der Zuschlag ist ein Hoheitsakt, mit dem ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Staat, vertreten durch den Gerichtsvollzieher oder dem Vollziehungsbeamten, und dem Ersteher begründet wird (BT-Drucks. 16/12811 S. 8). Der Erwerber soll bei einer von den staatlichen Vollstreckungsorganen angeordneten, begleiteten und abgewickelten Erwerbsart auf die Korrektheit und Endgültigkeit des Erwerbs vertrauen dürfen. Der Gewährleistungsausschluss gilt zugunsten des Gläubigers, des Schuldners und (als Dienstherrn des Vollstreckungsorgans) des Staates (OLG München, DGVZ 1980, 122). Nicht anwendbar ist die Bestimmung im Falle des Selbsthilfeverkaufs durch den Gerichtsvollzieher.
Der sachliche Anwendungsbereich gilt daher nach dem Wortlaut der Norm für sämtliche Rechts- und Sachmängel am verwerteten Gegenstand (Weber, DGVZ 2018, 149), 154). Als "Veräußerung" im Sinne der Vorschrift ist jede an die hoheitliche Pfändung anknüpfende Verwertungsmaßnahme zu begreifen. Erfasst wird daher sowohl die Verwertung durch Versteigerung als auch die Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung (vgl. §§ 814, 820, 825, 844; Hergenröder, DGVZ 2017, 185).
Rz. 2a
Ausnahmen bestehen nach anderer Auffassung lediglich bei einem freihändigen Verkauf durch andere Personen (§ 825 Abs. 2 ZPO). Dieser erfolgt privatrechtlich, sodass eine Anwendbarkeit ausscheidet (Hergenröder, DGVZ 2017, 185, 189; Stein/Jonas/Münzberg, § 806 Rn. 3; Musielak/Voit/Becker, § 806 Rn. 2; Remmert, NJW 2009, 2572, 2574; für Gewährleistungsausschluss nur bei Vereinbarung bzw. Hinweis: MünchKomm/ZPO-Gruber, § 806 Rn. 3; Thomas/Putzo/Seiler, § 825 Rn. 1; Schuschke/Walker, § 825 Rn. 7; Zöller/Herget, § 825 Rn. 25; Gilleßen/Coenen, DGVZ 1998, 167, 169). Gegen diese Auffassung spricht hingegen die gesetzgeberische Intention, die Zwangsvollstreckung effektiver zu gestalten. Es sollten ja gerade jegliche Gewährleistungsansprüche auch bei einem privatrechtlichen Einfluss ausgeschlossen werden (vgl. auch Rz. 1; Weber, DGVZ 2018, 149, 154).
Rz. 3
Fraglich ist die direkte Anwendbarkeit im Insolvenzverfahren bei der Veräußerung beweglicher Massegegenstände an Verbraucher. Da auch das Insolvenzverfahren ein staatliches Zwangsverwertungsverfahren mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung darstellt, befürwortet Th. Schmidt (ZInsO 2002, 102, 108; a. A. Marotzke, ZInsO 2002, 501: Gewährleistungsausschluss erfolgt bereits kraft Gesetzes) eine analoge Anwendung. Dies setzt allerdings eine Regelungslücke voraus. Im Gesetzgebungsverfahren hat der Bundesrat ausdrücklich darum gebeten, § 474 BGB-E dahin gehend zu ergänzen, dass vom Insolvenzverwalter i. R. d. Verwertung vorgenommene Verkäufe aus der Insolvenzmasse nicht der Definition des Verbrauchsgüterkaufs unterliegen (BT-Drucks. 338/01). Dies wurde von der Bundesregierung abgelehnt (BT-Drucks. 14/6857).