Rz. 5
Rechtsfolge ist ein umfassender Ausschluss der Gewährleistung nach §§ 437 ff. BGB (analog; BeckOK/ZPO-Fleck, 31. Ed. 1.12.2018, ZPO § 806 Rn. 2); er betrifft sowohl Rechts- als auch Sachmängel sowie das Fehlen zugesicherter Eigenschaften (Weber, DGVZ 2018, 149, 153 f.). Der Gewährleistungsausschluss gilt unabhängig davon, ob der Ersteher vor dem Erwerb im Einzelfall die Sache auf ihre Mangelfreiheit hin hat untersuchen können oder nicht. Jede Einschränkung würde andernfalls die Effektivität der Pfandveräußerung nicht unerheblich beeinträchtigen. Eine Rückgängigmachung der Verwertung ist daher nicht möglich. Auch eine Anfechtung nach §§ 119, 123 BGB ist ausgeschlossen (Weber, DGVZ 2018, 149, 154; LG Aachen, DGVZ 1986, 184 f.; Stein/Jonas/Münzberg, § 806 Rn. 3; Musielak/Voit/Becker, § 806 Rn. 3; MünchKomm/ZPO-Gruber, § 806 Rn. 6). Bei der Zwangsversteigerung erwirbt der Ersteher das Pfandobjekt daher auf eigenes Risiko. Dies gilt auch dann, wenn dieser keine Möglichkeit hatte, sich über den tatsächlichen oder rechtlichen Zustand des Objekts vor der Versteigerung volle Gewissheit zu verschaffen. Der Gerichtsvollzieher ist auch nicht verpflichtet, ein Versteigerungsobjekt auf eventuelle Mängel zu untersuchen und auf diese bei der Versteigerung hinzuweisen (OLG München, DGVZ 1980, 122; LG Aachen, DGVZ 1986, 184). Der mit der Pfändung betraute Gerichtsvollzieher ist auch nicht verpflichtet, die Sache daraufhin zu untersuchen, ob diese alle wesentlichen Bestandteile enthält und ob sie gebrauchsfähig ist. Im Fall der Zuschlagserteilung (§ 817 Abs. 1 ZPO) kommt zwar ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Ersteher und dem Staat, vertreten durch den Gerichtsvollzieher, zustande; dieser Vertrag enthält jedoch sein besonderes Gepräge dadurch, dass gerade nach § 806 ZPO eine Haftung für sämtliche Rechts- und Sachmängel ausgeschlossen ist. Aus der fehlenden Gewährleistung sowohl des Staates als auch des die Vollstreckung betreibenden Gläubigers ergibt sich, dass der Gerichtsvollzieher nur diejenigen Gegenstände auswählen muss, deren Verwertung dem Gläubiger auf dem kürzesten Weg Befriedigung verschafft. Sachmängel hat der Gerichtsvollzieher bei der in erster Linie ihm obliegenden Schätzung des gewöhnlichen Verkehrswertes zu berücksichtigen. Die Schätzung hat vornehmlich den Zweck, das Mindestgebot (mindestens die Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswertes) zu ermitteln (§ 817a ZPO) und nicht gegen das Verbot der Überpfändung (§ 803 Abs. 1 Satz 2 ZPO) zu verstoßen (OLG München, DGVZ 1980, 122; Mümmler, DGVZ 1973, 81 f.).
Rz. 6
Nicht dagegen wird von der Bestimmung die Möglichkeit des Erwerbers berührt, im Einzelfall gegen den Gläubiger oder Schuldner Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB oder nach § 826 BGB geltend zu machen, wenn sie durch besondere Manipulationen die Mangelfreiheit der Sache arglistig vorgetäuscht oder den Gerichtsvollzieher als argloses Werkzeug zu einer unzutreffenden Zusicherung die Sache betreffend veranlasst haben. Gegen den Staat kann der Erwerber ggf. Schadensersatz für Sach- und Rechtsmängel nur bei einer Amtspflichtverletzung des Vollstreckungsorgans (§ 839 BGB) verlangen (LG Aachen, DGVZ 1986, 186). Dies ist z. B. der Fall, wenn der Gerichtsvollzieher selbst "ins Blaue hinein" Zusicherungen macht, von deren Berechtigung er sich nicht überzeugt hat oder deren Nichtberücksichtigung ihm sogar bekannt war (vgl. Noack, DGVZ 1975, 37). Der Gläubiger und der Schuldner haften bei einer Garantieübernahme (§ 445 BGB) oder einer vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB.