1 Normzweck
Rz. 1
Die Vorschrift regelt ergänzend zu § 808 ZPO das Verfahren der Pfändung körperlicher Sachen durch den Gerichtsvollzieher bei Gewahrsam des Gläubigers oder eines herausgabebereiten Dritten. Der Unterschied der Pfändung nach der Norm zu derjenigen nach § 808 ZPO besteht lediglich darin, dass bei § 809 ZPO an die Stelle des Gewahrsams des Schuldners derjenige eines herausgabebereiten Dritten tritt. Fehlendes Eigentum des Schuldners an der zu pfändenden Sache verhindert ein Vorgehen des Gläubigers nach § 809 ZPO ebenso wenig wie nach § 808 ZPO (BGH, NJW 1981, 1835 = WM 1981, 716 = BB 1981, 1180 = ZIP 1981, 716 = DB 1981, 1978 = MDR 1981, 840 = JuS 1982, 137).
2 Anwendungsbereich
Rz. 2
§ 809 ZPO gilt nur für die Pfändung körperlicher Sachen bei einem Dritten oder dem Gläubiger selbst.
Anzuwenden ist die Norm ebenfalls im Rahmen der Herausgabevollstreckung und Anschlusspfändung (§ 826 ZPO). Hat der Gerichtsvollzieher nämlich Besitz an der Pfandsache unter Verletzung der Vorschrift des § 809 ZPO erlangt, kann – jedenfalls nach Aufhebung der Erstpfändung – auch die Anschlusspfändung nur mit Zustimmung des Dritten aufrechterhalten bleiben (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 998; OLG Düsseldorf, OLGZ 1973, 50 ff.; Schilken in DGVZ 1986, 145 ff.; Göhler, MDR 1965, 339 ff.). Weigert sich der Dritte zuzustimmen, so erfolgt eine Pfändung nach §§ 846, 847 ZPO.
Rz. 3
Die Norm gilt nicht, wenn ein Dritter im Einvernehmen mit dem Schuldner Sachen in Gewahrsam nimmt, um sie der Zwangsverwaltung zu entziehen (AG Gelsenkirchen, ZIP 1997, 2092). Allerdings besteht diesbezüglich insoweit eine Einschränkung, wenn hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass der Dritte den Gewahrsam im kollusiven Zusammenwirken mit dem Schuldner nur deshalb verschafft hat, um die körperlichen Sachen dem Vollstreckungszugriff durch den Gläubiger zu entziehen. In einem solchen Fall hat der Gerichtsvollzieher die Pfändung vorzunehmen (vgl. AG Rottenburg, DGVZ 1992, 137; LG Tübingen, DGVZ 1992, 137). Ergeben sich daher z. B. erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit eines nach der Beschlagnahme zwischen dem ehemaligen Grundstückseigentümer und einem Dritten abgeschlossenen Mietvertrags, kann eine Weigerung des Gerichtsvollziehers zur Durchführung der Zwangsräumung nicht damit begründet werden, dass an der Eingangstür der Name des Dritten angebracht ist. Dies gilt vor allem dann, wenn der Dritte selbst nicht behauptet, an der betreffenden Adresse polizeilich gemeldet zu sein (AG Heilbronn, ZfIR 2013, 883).
3 Voraussetzungen
Rz. 4
Die Norm setzt den Gewahrsam des Gläubigers oder eines Dritten im Zeitpunkt der Pfändung voraus. Nur dieser entscheidet über die Wirksamkeit eines Pfandrechts (AG Balingen, DGVZ 1995, 27). Dritter ist, wer nach dem Titel bzw. Vollstreckungsklausel weder Schuldner noch Gläubiger ist. Dritter kann auch der Gerichtsvollzieher sein (AG Rheine, JurBüro 1983, 1416; LG Kleve, DGVZ 1977, 173; a. A. OLG Düsseldorf, OLGZ 1973, 50). Wer als gesetzlicher Vertreter oder Vertreter persönlichen Gewahrsam hat, ist nicht Dritter (LG Berlin, DGVZ 1972, 113). Hinsichtlich der verschieden Gewahrsamsarten ist zu unterscheiden:
Rz. 5
Grundsätzlich ist Alleingewahrsam maßgeblich. Insofern ist entscheidend, ob der Schuldner die tatsächliche alleinige Sachherrschaft besitzt. Maßgeblich ist hierbei der äußere Anschein, der für die Bewertung der Gewahrsamsverhältnisse durch den Gerichtsvollzieher ausschlaggebend ist. Von daher verbietet sich die Pfändung des PKW des sich in Haft befindlichen Schuldners, wenn dieser von dessen Lebensgefährtin genutzt wird, da nichts für die Zugehörigkeit des PKW zum alleinigen Herrschaftsbereich des Schuldners spricht. In diesem Fall ist vielmehr von einem Gewahrsam der Lebensgefährtin auszugehen (AG Weilburg, DGVZ 2004, 30). Dies gilt umso mehr, wenn der Dritte auch noch im Besitz der Fahrzeugpapiere ist OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 998).
Rz. 6
Die Gewahrsamsvermutung gem. §§ 739 ZPO, 1362 BGB, wonach der Schuldner auch dann als Gewahrsamsinhaber gilt, wenn sich die zu pfändenden Gegenstände im Alleinbesitz oder –gewahrsam des Ehe- oder Lebenspartners befinden, findet bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften und Wohngemeinschaften keine Anwendung, so dass die Pfändung von Gegenständen, die im Mitgewahrsam eines Mitbewohners stehen, ohne dessen Zustimmung nicht zulässig ist (LG Frankfurt/Main, NJW 1986, 729; AG Gütersloh, DGVZ 1979, 94). Auch wenn die Interessenlage für einen Gläubiger gleich ist, würde eine entsprechende Anwendung der Vorschriften auf die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dazu führen, dass diese einen vom Gesetz nur Ehe- und Lebenspartnern auferlegten Nachteil hinnehmen müssen, ohne aber gleichzeitig in den Genuss der mit einer Ehe bzw. Lebenspartnerschaft verbundenen Vorteile zu kommen. Die eigenverantwortliche Entscheidung der Partner, keine Ehe bzw. Lebenspartnerschaft miteinander eingehen zu wollen, würde dadurch untergraben und der Gläubigerschutz über das gesetzlich vorgesehene Maß ausgeweitet.
Rz. 7
Hat ein GmbH-Geschäftsführer, g...